Donnerstag, 27. Dezember 2012

Wenn der Automat sein Urteil abgibt... dann bin ich der absolute Egozentriker :-)

Ich hab mal nach mir gegoogelt und das auf http://www.webwiki.de über mich gefunden.

Gerhard-kassing.blogspot.com - Gerhard Kaßing

Bekanntheit:
Sprache: deutsch
Die Website gerhard-kassing.blogspot.com beschäftigt sich mit den Themen Gerhard, Kaßing und Blog. gerhard-kassing.blogspot.com ist etwas bekannt in Deutschland und steht für Gerhard Kaßing.
Keywords: gerhard kaßing blog blogs

So - nu wisse mers. Mahlzeit!

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Wenn zwei süße Teddys sich in die Wolle kriegen...

Ring frei zum Süßigkeiten-Kampf des Jahres, hieß es gestern vor dem Landgericht Köln:  Der Haribo-Goldbär und der Lindt-Teddy trafen im Ring aufeinander. Allerdings prügelten sie sich nicht rein körperlich, sondern einer von beiden war nur als Beschreibung vorhanden, und beide ließen sich überdies auch noch durch clevere Juristen vertreten.
So war die Lage:
Der Haribo-Goldbär ist seit Jahren unter den Goldbären der Platzhirschbär auf dem Markt. Seine Name "Haribo-Goldbär" ist als sog. Wortmarke geschützt. Nun kreuzte der Lindt-Teddy auf, der das Wort "Gold" zwar nicht im Namen trägt, jedoch in entsprechender Aufmachung daherkommt: Eingehüllt in goldschimmerndes  Metall-Papier und mit einem roten Bändchen um den Hals.
Es war also ein Kampf Wortmarke gegen dreidimensionale Produktgestaltung. Ob letztere eine eingetragene Wortmarke tatsächlich in ihren Rechten beeinträchtigen kann, das hatte bisher noch kein Gericht entschieden.
Nun tat es das LG Köln (Urt. v. 18.12.2012, Az. 33 O 803/11). Und es entschied: Wer sich den Lindt-Teddy in seinem güldenen Gewand so anschaut, der muss unwillkürlich sofort "Goldbär" denken, das umso mehr, als sein österlicher Verwandter aus dem (selben) Hause Lindt ja sogar offiziell den Namen "Goldhase" trägt. Wenn ich jedoch einen Schoko-Bären so anziehe, dass sofort jeder sagt: "Schau mal - ein Goldbär!", dann verletze ich die Wortmarke "Goldbär". Und deshalb untersagte das LG Köln dem Lindt-Teddy seine güldene Bekleidung. Runde eins ging damit glatt an den TitelWortmarkenverteidiger aus dem Hause Haribo.

Runde zwo ist angesagt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vermutlich wird das OLG Köln zu einem Zeitpunkt entscheiden, in dem überall schon wieder der "Goldhase" auf seine Käufer wartet.

Quelle und weitere Infos: lto
(C) Foto: S. Hofschlaeger  / pixelio.de

Montag, 17. Dezember 2012

Kein Neubeginn der Verjährung trotz Abschlagszahlung?

Erstaunliche Entscheidung eines "Hamburger Gerichts".
Gerade verhandele ich mit der Versicherung meines Mandanten einen Regress. Sachverhalt: Der Mandant fuhr Auto - leider alkoholisert. Es kam zu einem Unfall mit einer Radfahrerin und zu einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung.
Die eigene Versicherung regressiert. Dagegen ist kaum etwas einzuwenden. Wir verhandeln nur noch über möglichst kleine Raten, in denen der Mandant die Versicherungsleistungen zurückzahlen muss. Die Versicherung ist mit kleinen Raten auch einverstanden, will aber ein notarielles Schuldanerkenntnis sehen oder einen Vollstreckungsbescheid erwirken, damit ihre Forderung nicht verjährt.
Mein Einwand, Die Verjährung beginne mit der ersten Rate ("Abschlagszahlung", § 212 I Nr. 1 BGB) und dann mit jeder weiteren ohnehin neu, weist der Versicherungs-Sachbearbeiter zurück: "Ein Hamburger Gericht" habe entschieden, dass auch bei Ratenzahlung des Versicherungsnehmers der Regressanspruch verjähren könne. Das Gericht, das Aktenzeichen und die Fundstelle wollte er mir - verständlicherweise - nicht nennen :-D

Frage: Kennt einer der Leser das Urteil? Es könnte für die Zukunft recht hilfreich sein..

Samstag, 15. Dezember 2012

ius-news - Nachrichten aus anderen Blogs


Ausgabe 50/12: Wieder mal die Kapriolen der Gerwerbeauskunft-Zentrale, weitere Honorartipps von Guru Lutje, die Zugriffszahlen auf dem Beck-Blog, ausnahmesweise befangene Richter und Schrittzähler für Arbeitslose - das waren unter anderm die Themen, die mich im Laufe der vergangenen Woche zum Anklicken bewegten:  
  • Der Anwalt und sein Honorar: "Wer seinen Mandantinnen und Mandanten transparent aufzeigen kann, wofür sie bezahlen und die eigene Leistung und das dazugehörige Honorar selbstbewusst vertreten kann, der hat meiner Erfahrung nach auch in der Regel keine Probleme mit zahlungsunwilligen Mandanten." Wieder eine dieser sehr richtigen Weisheiten vom Honorarpapst Nikolaus Lutje
  • Neues von der "Gewerbeauskunft-Zentrale": Der inzwischen bundesweits bekannte und berüchtigte Abkassierer macht inzwischen auch vor Schul-Fördervereinen nicht mehr Halt, berichtet der R24Blog und schildert zugleich, wie er die Forderung erfolgreich abgewehrt hat.
  • Prof. Thomas Hoeren ist sicher einer der prominentesten IT-Rechtler, den wir in Deutschland haben. Und er bloggt auf dem Beck-Blog. Und hat dort exorbitante Zugriffszahlen. Die bei genauerer Betrachtung nicht immer schlüssig zu erklären sind. Ermittelt de legibus.
  • Befangene Richter? Gibts praktisch nicht. Jedenfalls berichtet R24 Blog über einen Fall, in dem die Richterin die Verhandlung mit den Worten einleitete: “Wie schon meine Geschäftsstelle sagte, wer klagt denn solchen Schrott ein.” Und die war auch nicht befangen. 
  • Menschenversuche mit Langzeit-Arbeitslosen? Nicht ganz - aber wenn das JobCenter Brandenburg Personen, die seit längerer Zeit Hartz IV beziehen, zwangsweise mit Schrittzählern ausrüstet, um sie zu mehr Bewegung zu animieren, wie der Sozialrechtsexperte berichtet, dann ist das so weit ab nicht. 
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Freitag, 14. Dezember 2012

Private Telefonate von der Steuer absetzen?

Tatsächlich! Das geht - wenn auch nur unter bestimmten Umständen.In dem vom BFH zu entscheidenden Fall War ein Marinesoldat ins Ausland abkommandiert worden und hatte von dort aus mit seiner Partnerin Telefonate für mehrere hundert Euro geführt. Das Finanzamt wollte den Abzug nicht anerkennen, es handele sich um rein private Aufwendungen, die steuerlich nicht zur berücksichtigen seien. Der BFH hielt die Telefonkosten insoweit für berufsbedingt angefallen, als durch die Auslandsabordnung des Soldaten Telefon-Mehrkosten entstanden seien, die über den normalen Lebensbedarf hinausgehen. Das ist bereits dann der Fall, wenn der Auslandsaufenthalt länger als eine Woche dauert (Urt. v. 5.07.2012, Az. VI R 50/10).

Also: Die Frage ist, ob sich dieses Urteil nicht auch auf Inlands-Abwesenheiten von daheim anwenden lässt, wobei Voraussetzung sein dürfte, dass die Tätigkeit im Außendienst die Ausnahme ist, (da ja sonst die entstehenden Telefonkosten nicht über den normalen Lebensbedarf hinausgehen). Aber vermutlich dürften jetzt auf die Finanzämter jede Menge Telefonrechnungen zukommen... die in die steuerlichen Berechnungen mit einbezogen werden müssen.


Quelle: Legal-Online-Tribune

(C) Foto: Rainer Sturm  / pixelio.de

"Down-Syndrom"-Diagnose bei Embryos jetzt gefahrlos möglich - aber rechtswidrig?

Neueste Fortschritte in der Frühdiagnostik machen es jetzt möglich, mit Hilfe einer einfachen Blutuntersuchung während der Schwangerschaft beim Fötus Trisomie 21, also das "Down-Syndrom" zu diagnostizieren. Das geschieht mit Hilfe sogenannter Biomarker, berichtet die Zeitschrift "Psychologie Heute" in Ihrer Dezember-2012-Ausgabe.
Und hier scheiden sich wieder einmal die juristischen und die medizinischen Geister: Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe und der von ihm als juristischer Gutachter beauftragte Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz stufen den Test als illegal ein: Das Gendiagnostikgesetz sieht nämlich in § 15 GenDG vor, dass "eine genetische Untersuchung ... vorgeburtlich nur zu medizinischen Zwecken und nur vorgenommen werden (darf), soweit die Untersuchung auf bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus abzielt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen..."
Zwar zielt die Untersuchung eindeutig auf bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos ab, die das Kind nach der Geburt beeinträchtigen. Fraglich ist aber, ob die Untersuchung medizinischen Zwecken dient; genau das bezweifeln Hüppe und Gärditz: Nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft ist das Down-Syndrom nämlich unheilbar. Die Diagnose dieses Syndroms könne daher nach Meinung insbesondere von Gärditz nicht auf eine medizinische Behandlung abzielen, sondern diene lediglich "der Selektion", berichtet "Psychologie Heute". Der Test, der sich noch in der Versuchsphase  befindet, dürfe daher nicht auf den Markt kommen.
Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Ärztekammer ist da ganz anderer Ansicht. Habe sich die Gesellschaft einmal für die Pränataldiagnostik entschieden, könne sie das Rad nicht mehr zurückdrehen, so zitiert ihn die Zeitschrift. Schon früher habe pränatal die Möglichkeit bestanden, Trisomie 21 zu diagnostizieren, allerdings nicht durch einen risikolosen Bluttest sondern durch eine erheblich risikobelastete Fruchtwasseruntersuchung.
In der Tat dürfte es nicht angehen, einerseits eine (nicht auf eine medizinische Behandlung gerichtete) Diagnose zuzulassen, die für die Schwangere ein erhebliches Risiko birgt, während andererseits eine Diagnose nicht zugelassen wird, die auf exakt dasselbe abzielt und ohne erhebliches Risiko durchzuführen wäre, nur weil es sich um Gendiagnostik handelt. Wer das Leben von "Down"-Kindern schützen will (das im Einzelfall durchaus lebenswert sein kann), sollte sich dabei nicht auf die Tatsache stützen, dass die Schwangere wegen eines zu hohen Risikos für sich selbst von einer Klärung absieht und sich mangels Information für die Fortführung der Schwangerschaft entscheidet.
Entweder stellt man sich der Tatsache, dass ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche auf Wunsch der Schwangeren auch und speziell bei einer Down-Diagnose möglich ist. Dann darf man der Schwangeren die zur Entscheidung notwendige Information auch nicht verweigern oder nur unter hohem Risiko zukommen lassen. Oder man entscheidet sich grundsätzlich gegen den Schwangerschaftsabbruch.  Und hier unsere Gesellschaft schon vor geraumer Zeit eine Werteentscheidung getroffen: Maßgeblich ist der Wille der Schwangeren.
Offenbar sind wir ein weiteres Mal am Rande einer Diskussion angekommen, die wir lange für beendet hielten.   

Quelle: Psychologie Heute, Heft 12/12, S. 33 f.

(C) Foto: Carsten Jünger / www.pixelio.de

Donnerstag, 13. Dezember 2012

VG Berlin: Ein Mann kann nicht "Frauenbeauftragte" werden

Das Land Berlin suchte eine "Frauenbeauftragte" gem. Landesgleichstellungsgesetz. In eben diesem Gesetz ist vorgesehen, dass für diesen Posten nur weibliche Personen in Frage kommen. Trotzdem bewarb sich ein Mann auf die Stelle, wurde abgewiesen und klagte dagegen: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das VG Berlin lehnte seinen Antrag im Eilverfahren mit Beschluss v. 07.12.2012, Az. VG 5 L 419.12 ab.
Die Beschränkung der ausgeschriebenen Stelle auf weibliche Beschäftigte verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Denn, so Legal Online Tribune zum Urteil: "... nach dem Grundgesetz dürfe der Staat faktische Nachteile, die typischerweise Frauen träfen, durch begünstigende Regelungen ausgleichen. Eine solche ausgleichende Regelung habe der Berliner Gesetzgeber mit dem Landesgleichstellungsgesetz geschaffen."

Quelle: Legal Online Tribune

(C) Foto: Wilhelmine-Wulff All-Silhouettes / pixelio.de

"Task Force Internet" - Hessens Polizei ermittelt verstärkt in Facebook

Die Möglichkeit, Facebook als Ermittlungsinstrument zu nutzen wird von den Strafverfolgungsbehörden konsequent weiter ausgebaut. Dies teilte der Leiter der "Task Force Internet" in Frankfurt , Markus Bönisch, anlässlich eines Besuch der hessischen Landesregierung im Frankfurter Polizeipräsidium am letzten Montag mit. Allein in den letzten 12 Monaten habe die Polizei Hessen sich in 5 Fällen dieses Mediums bedient. Bei der Ermittlung wegen eines Tötungsdelikts vor einer Frankfurter Discothek sei es gelungen, auf diesem Wege wichtige Zeugen ausfindig zu machen. Die Polizei Hessen unterhält bei Facebook einen eigenen Account, den nach Angaben von Bönisch regelmäßig 2.000 Personen beobachten.

Fahndungsaufrufe über Facebook sind äußerst umstritten. Einerseits bekommen die Ermittlungsbehörden nirgendwo so rasch, so direkt und so vielfältig Reaktionen wie dort. Andererseits ist der Schaden für Personen, die unverschuldet ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten, fast irreparabel.

Die Justizministerkonferenz hat sich des Themas bereits angenommen (vgl. den Bericht auf Legal Tribune Online vom 15.11.2012. Die Rechtsgrundlagen für diesen Weg der Fahndung bestehen zwar bereits; aus den oben beschriebenen Gründen kann eine solche Art der Fahndung jedoch mit den Rechten unschuldiger Fahndungs-"Opfer" kollidieren. Daher sehen die "Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren" RiStBV in Punkt 3.2 der Anlage B derzeit auch vor, dass private Internetanbieter – wie Facebook – für eine Fahndung "grundsätzlich nicht eingeschaltet werden" sollen.

Aus diesem Grunde sieht sogar der Hardliner, der hessische Ministerpräsident und Ex-Innenminister Volker Bouffier Handlungsbedarf und fordert klare gesetzliche Grundlagen für eine solche Fahndung: "Wir wollen nicht Facebook-Nutzern den Eindruck geben, sie seien ständig in einem Ermittlungsverfahren".

Quelle: Lto

(C) Foto: Gerd Altmann  / pixelio.de

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Bundeskabinett beschließt Reform des Flensburger Verkehrszentralregisters

Der "Punkte-Tacho" von Verkehrsminister Ramsauer hat die erste Hürde genommen. Das Bundeskabinett hat heute die Reform der Flensburger Verkehrssünderkartei beschlossen. Delikte werden nach dem neuen Punkte-System nicht mehr mit einem bis sieben Punkten bewertet werden, sondern je nach Schwere nur noch mit ein, zwei oder drei Punkten. Der Führerschein wird dann bereits mit 8 Punkten eingezogen; bisher brauchte es dafür 18 Punkte.

Ramsauers "Punkte-Tacho" umfasst drei Stufen: Bei 4 oder 5 Punkten, der sog. "Gelbphase" wird der Verkehrsteilnehmer ermahnt und bekommt eine Information über das Fahreignungs-Bewertungssystem. Ist die "Rot-Phase" also ein Stand von 6 oder 7 Punkten erreicht, wird er verwarnt und die Teilnahme an einem neu konzipierten Fahreignungsseminar angeordnet. Bei Erreichen der "Schwarz-Phase", also 8 Punkten und mehr ist der Führerschein weg. Er kann frühestens nach sechs Monaten neu beantragt werden.

Eine kumulierte Verjährung wie bisher gibt es nicht mehr. Einzelne Verstöße verjähren jeder für sich. Allerdings verlängern sich die Fristen, und zwar bis zu elf Jahren. Einzelne Bußgelder werden angehoben, z.B. für das Telefonieren am Steuer am Steuer oder für das Einfahren in Umweltzonen ohne Plakette.
Punkte gibt es in Zukunft nur noch für Verstöße gegen die Verkehrssicherheit, d.h. z.B. nicht mehr für das Einfahren ohne Plakette in eine Umweltzone oder einen Verstoß gegen ein Sonntagsfahrverbot.

Vor 2014 wird das Ganze aber wohl nicht in Kraft treten. Zunächst müssen sowohl Bundestag als auch Bundesrat noch zustimmen. Und vor allem die Zustimmung der Länder gilt keinesfalls als sicher. Kritiker der Reform bemängeln, sie verbessere und vereinfache nichts - wozu das Ganze dann eigentlich?

Quelle: www.tagesschau,de

(C) Foto: Kurt-F.-Domnik / pixelio.de

Wenn Sie schon jemanden totfahren, dann besser einen Rentner.

Das jedenfalls muss Ihnen Ihr Strafverteidiger unter Bezugnahme auf eine wissenschaftliche Studie aus Großbritannien raten, von der Frank Luerweg in der Dezember-2012-Ausgabe der Zeitschrift "Psychologie Heute" berichtet.
Der Wissenschaftler Mitchell Callan und seine Kollegen Rael Daltry und James Olson führten mit Bewohnern der Stadt Colchester ein Experiment durch: Sie legten Ihnen einen (gefakten) Polizeibericht vor, nachdem ein betrunkener Autofahrer einen anderen Verkehrsteilnehmer über den Haufen gefahren und dabei schwer verletzt hatte und fragten nach, welche Strafe denn für den Übeltäter angemessen sei. Allerdings verbreiteten sie zwei Versionen des Berichts: In der einen war der Verletzte 18 Jahre alt und in der anderen 74.
Und siehe: Angesichts des Rentners hielten die Befragten eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten für ausreichend, während sie beim 18-Jährigen zu 18 Monaten kamen. Auch bei zwei weiteren, leicht abgewandelten Experimenten kamen die Forscher zum gleichen Ergebnis: Junges Opfer - höhere Strafe, Senior-Opfer - mildere Strafe.
Möglicherweise - so zitiert "Psychologie Heute" die Forscher - greife hier der "Just World Effect". Jeder glaube an eine gerechte Welt, und um diesen Glauben aufrecht zu erhalten, machen viele ein Opfer für sein (eigentlich unverschuldetes) Leiden mitverantwortlich, wobei der Effekt besonders stark sei, wenn das Opfer "... aus einer sozialen Gruppe stammt, die kein hohes Ansehen genießt!"

Quelle: "Psychologie Heute", Ausgabe 12/12, S. 15

(C) Foto: Ilka Plassmeier / www.pixelio.de

Dienstag, 11. Dezember 2012

Es gibt sie noch, die klaren Worte. Und Gisela Friedichsen, Carsten Hoenig und Christoph Nebgen nehmen Sie im Hinblick auf den Strafprozess, Nikolaus Lutje mit Blick auf das Anwaltsmarketing und Carsten Krumm in Bezug auf die richterliche Beweiswürdigung in den Mund. Schön zu lesen, dass das wirklich wahr ist, was man doch schon lange für wahr hält.
  • Gisela Friedrichsen die Spiegel-Gerichtsreporter nimmt uns strafverteidigende Anwälte ins Gebet. Die Richter fahren unter der schützenden Hand des 1. Senats des BGH mehr und mehr Schlitten mit uns - und damit auch mit unseren Mandanten. Ein Aufruf zu mehr Einsatz und Courage - reportiert vom Kollegen Hoenig: "Einfach mal nein sagen!".
  • Zum selben Thema äußert sich der Kollege Nebgen noch radikaler: Er gibt den Strafprozess als rechtsstaatliches Verfahren praktisch verloren und empfiehlt "Schadensbegrenzung", ggf. auch mal durch ein falsches Geständnis.Wenn ein renommierter Strafverteidiger zu diesem Fazit kommt: wie blamabel ist das denn für die Justiz!?
  • Eine Buchempfehlung des Kollegen Lutje zu Marketing anwaltlicher Preisgestaltung, die man wiederum nur weiterempfehlen kann. Wer weiss, dass Lutje DER Honorar-Fuchs ist, wird ihr folgen.
  • Das Musterbeispiel einer exakten Beweiswürdigung durch das Gericht schildert Carsten Krumm auf dem Beckblog. Fazit: Eine Zeugenaussage gilt solange als nicht richtig, bis sich anhand von Anknüpfungstatsachen diese Hypothese nicht mehr aufrechterhalten lässt. Was wird nur aus all den zuverlässigen und scharf beobachtenden Polizeibeamten...
Ihnen allen einen schönen Dienstag

Gerhard Kaßing
RA und FAFam
München

Wegfall des Fahrverbots gegen Verdoppelung der Geldbuße? Leider nicht immer.

Der Betroffene war mit 0,54 Promille am Steuer angetroffen worden. Das ist ordnungswidrig, § 24a StVG. Und damit ist auch der Führerschein weg: Fahrverbot nach § 25 StVG!
Nun gab es all die Jahre immer eine Kulanzregelung. War der Betroffene unbescholten, hatte er also ein sauberes Verkehrszentralregister oder eins, das wenigstens keine einschlägigen Untaten verzeichnete, ließ sich so mancher Amtsrichter erweichen, das Fahrverbot gegen eine Verdoppelung der Geldbuße wegfallen zu lassen. Die Schreckwirkung des angedrohten Fahrverbots sei groß genug, den Sünder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen.

Diesen Handlungsspielraum der Amtsrichter hat das OLG Bamberg jetzt für Alkoholdelikte empfindlich eingeschränkt: Mit Beschluss vom 29.10.2012, Az. 3 Ss OWi 1374/12 konstatierte das OLG, Alkoholdelikte hätten per se einen höheren Unrechtsgehalt als andere Ordnungswidrigkeiten. Und angesichts der Gefährlichkeit einer derartigen Ordnungswidrigkeit verstehe sich die grundsätzliche Angemessenheit eines Fahrverbots regelmäßig von selbst. Von daher komme ein Erlass des Fahrverbots gegen ein Verdoppelung der Geldbuße von Haus aus nicht in Frage.
Weiter wurde der Amtsrichter auch im Übrigen erheblich gerüffelt: Er habe die Berufs- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen nicht genau genug recherchiert. Das OLG habe gar keine Möglichkeit gehabt, zu prüfen, ob dem Betroffenen durch das Fahrverbot ein nicht zu ersetzender Nachteil entstanden wäre.
Es reicht eben einfach nicht mehr, wortreich darzulegen, wie arm man dran wäre, wenn der Schein vier Wochen weg ist. Notwendig ist eine ausführliche Darlegung aller Umstände - und damit auch eine Honorarvereinbarung zwischen Anwalt und Verteidiger. Denn für das Geld, das die Rechtsschutzversicherung für Sachen wie diese zu zahlen bereit ist, kann kein Anwalt die notwendige Arbeit erbringen.

(C) Foto: Arno Bachert  / pixelio.de

Montag, 10. Dezember 2012

Kinder haben eine klare Haltung zum Urheberrecht

"Wem gehört das Lied?" Das haben amerikanische Wissenschaftler 6 bis 8-jährige Kinder gefragt - und eindeutige Antworten erhalten.
Die Zeitschrift "Psychologie Heute" berichtet in Ihrer Dezember-Ausgabe 2012 von einer Studie der Yale-University: Die Forscher Alex Shaw und Kristina Olson erzählten Kindern eine kurze Geschichte: Tim dichtet ein Lied über den Regenbogen. Adam hört das Lied und erzählt nun anderen, es sei von ihm. Frage: Wem gehört das Lied? 17 von 20 befragten Kindern waren sich einig: Tim gehört es. Nun wurde die Geschichte abgeändert: Tim versucht, das Lied zu schreiben, aber ihm fällt nichts Gescheites ein. Adam bekommt das mit und macht sich selbst die Mühe: ER schreibt das Lied über den Regenbogen. Wem gehört es nun? Wiederum 17 von 20 Kindern waren sich einig: Adam ist der Eigentümer.
"Psychologie Heute" schließt daraus: Kinder übertragen damit das schon seit 1500 Jahren bekannte und schon im Talmud erwähnte "Prinzip des ersten Besitzes" auf die gestellte Urheberrechtsfrage. Rechtmäßiger Eigentümer ist immer der, der die Sache zuerst hat, der das Ergebnis zuerst erzielt hat, der den Nugget zuerst gefunden hat usw.
Und damit haben Kinder zum Urheberrecht dieselbe Einstellung wie unser Recht. Auf die Idee, massenweise MP3's für lau aus dem Netz zu ziehen, kommen sie erst nach weiterer Sozialisierung und ggf. unter entsprechendem Gruppendruck ("Du bist ja blöd, wenn Du nicht...").

Quelle: Psychologie heute 12/12, S. 16

(C) Marcus Stark/pixelio.de

Samstag, 8. Dezember 2012

Minijobs: Aus 400 € mach 450 € - Wichtige Änderungen zum Jahreswechsel

Zum Jahreswechsel wird es einige nicht unwesentliche Änderungen im Recht der Minijobs geben. Die beiden wichtigsten: Die Obergrenze wird von 400,00 € auf 450,00 € angehoben. Und weiter: Bei der Rentenversicherung drehen sich die Dinge um. Waren Minijobber bisher versicherungsfrei, konnten sich aber auf Antrag voll versichern lassen, sind sie nun grundsätzlich versichert, können sich aber auf Antrag befreien lassen.

Näheres: BT-Drucksache 17/10773 und ferner ein guter Überblick auf Handelsblatte-Online 

(C) Foto: Chris Beck  / pixelio.de

Freitag, 7. Dezember 2012

Werbeblättchen "Einkauf Aktuell": Post muss bei unverlangtem Einwurf 2.000,00 € Strafe zahlen.

Ärgern Sie sich auch über "Einkauf aktuell", die Postwurfsendung, die von der Post selber kommt und mit der sie Werbung für allen möglichen Krims und Krams macht? Jedesmal, wenn ich Samstags das Ding aus dem Briefkasten hole, denke ich mir: "Wie lange muss der Regenwald für sowas noch herhalten?" 18 Millionen Exemplare bringt die Post jede Woche in Umlauf. Und jedes Exemplar ist auch noch extra in Plastik verpackt, weil die Post zusammen mit "Einkauf Aktuell" weitere, ebenso überflüssige Werbeblattl anderer Anbieter verteilt. Was für eine wahnsinnige Verschwendung! 
Der hochgeschätzte Kollege RA Henning Graewe hat nun einen Weg gefunden, dem Unfug mindestens teilweise Einhalt zu gebieten. Er hat - in eigener Sache - vor dem Landgericht Lüneburg eine Entscheidung gegen die Post erwirkt, die nichts weniger sagt als:
Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers seien eine unzumutbare Belästigung und ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wow! Siehe LG Lüneburg v. 04.11.2011, Az. 4 S 44/11, hier das Urteil im Volltext.

Alles, was man tun muss, um den Einwurf zu verhindern, erläutert das Gericht schon im Tenor der Entscheidung:
1. Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

2. Postwurfsendungen, die der Empfänger erkennbar nicht wünscht, stellen stets eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG dar.

3. Für die Erkennbarkeit eines entgegenstehenden Willens des Empfängers genügt eine entsprechende Mitteilung an das werbende Unternehmen, es besteht keine Pflicht zum Anbringen eines Aufklebers "Werbung - Nein danke" auf dem Briefkasten.
Wunderbar! Und nun ist der Kollege hergegangen und hat unter Bezugnahme auf das in eigener Sache erstrittene Urteil  auch im Namen anderer Briefkasteninhaber, die sich durch "Einkauf Aktuell" ebenfalls belästigt fühlten und die einen entsprechenden Hinweis auf dem Briefkasten hatten, die Post wiederum abgemahnt. Tatsächlich blieb der Post nichts anderes übrig, als sich zu unterwerfen.
Für den Fall der Wiederholung sehen solche Unterwerfungserklärungen aber Vertragsstrafen vor - und manche Postboten halten sich einfach nicht an die Hinweise am Briefkasten und werfen alles Zeugs einfach ein - Hauptsache, sie sind es los! Und so kam es, dass bei einem Bremer Mandanten des Kollegen Graewe, dem gegenüber sich die Post zur Unterlassung des Einwurfs verpflichtet hatte, trotzdem wieder "Einkauf Aktuell" im Briefkasten landete. Und schwupp - war die Vertragsstrafe fällig. Letzte Woche hat die Post 2.000,00 € gezahlt. :-D

Quelle: lto, und zwar hier und hier.

(C) Foto: Karl-Heinz Laube  / pixelio.de

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Der Lehrplan und die "gottgegebenen Unterschiede" zwischen Mann und Frau

"Neomarxistisch" empfanden die Eltern den Lehrplan der Regelschule, auf die sie ihre Kinder der Schulpflicht folgend hätten schicken müssen. Durch "Gender Mainstreaming" verwische die Schulbildung die "gottgegebenen Unterschiede von Mann und Frau". Die Schulbücher seien überdies nicht wissenschaftlich korrekt. Daher meldeten die Eltern ihre Kinder gar nicht erst zur Schule an. Sie sahen die Eltern-Kind-Beziehung und die christliche Erziehung ihrer Kinder bedroht.

Der Landkreis erließ ein Bußgeld von 150,00 €, und die Eltern legten gegen den Bescheid Einspruch ein.  Das AG Bonn reduzierte das Bußgeld zwar auf 100,00 €, gab im Übrigen jedoch der Behörde Recht: Die staatliche Gemeinschaft überwache das elterliche Erziehungsrecht des Art 6 GG. Nach Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz unterstehe das Schulwesen der staatlichen Aufsicht. Dem Staat stehe mithin das Recht zu, auch eigene Erziehungsziele verfolgen zu dürfen.

Auch ein Rechtsmittel zum OLG Köln half den Eltern nicht weiter; Das OLG wies es mit Beschl. v. 27.11.2012, Az. 1 RBs 308/12 zurück.

Hintergrund-Info: Die Seiten der Bundesregierung zum Gender-Mainstreaming . Eine Site, die vom Familienministerium angeboten wird. Will heißen: Das Gender-Mainstreaming ist nun wirklich im Mainstream angekommen.

Quelle: lto

(C) Foto: Wilhelmine Wulff_All Silhouettes / pixelio.de

"Monsterbacke" nicht "so wichtig wie das tägliche Glas Milch"

Der Werbeslogan der Fa. Ehrmann, sein Früchtequark "Monsterbacke" sei "so wichtig wie das tägliche Glas Milch", ist unzulässig. Das hat der BGH gestern entschieden. Zwar werde der Verbraucher durch den Slogan nicht in die Irre geführt. Denn durch die Formulierung"...wichtig, wie..." werde gerade deutlich, dass es sich bei Monsterbacke eben nicht um Milch handele sondern um etwas anderes.
Allerdings sei der Werbespruch "als gesundheitsbezogene Angabe grundsätzlich nicht zulässig", stellte der BGH im Hinblick auf die "europäische Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel" fest.
Trotzdem gibt es zweifach Hoffnung für "Monsterbacke": Zum einen lässt der BGH vom Europäischen Gerichtshof prüfen, ob solcherart Werbung auch schon 2010, also zu dem Zeitpunkt, in dem sie erstmals betrieben wurde, schon unzulässig war. Offenbar ist die EG-Verordnung wolhl jüngeren Datums. Zum anderen kann Ehrmann auf seinen Werbespruch doch noch zurückgreifen, wenn sich die Behauptung, Monsterbacke sei "so wichtig wie das tägliche Glas Milch" durch wissenschaftliche Studien bestätigen lassen. Also: Auf geht's, ihr Lebensmittelbiologen: Tut mal was Vernünftiges, anstatt nur dafür zu sorgen, dass Joghurt durch Beimischung von Sägemehl nach Himbeeren schmeckt :-(

BGH, Beschl. v. 05.12.2012, Az. I ZR 36/1; hier die Pressemitteilung.
Quelle: lto

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Überraschung: Seine Blumen darf man gießen, ohne dafür zahlen zu müssen...

Wenn man Wasser aus der Leitung zapft, muss man dafür zahlen. Das sieht jeder ein. Und wenn man Wasser in den Ausguss schüttet, dann muss man dafür auch zahlen, Das sieht fast jeder auch noch ein; schließlich verursacht ja auch die Brauchwasserentsorgung gewisse Kosten.
Aber dass man für Wasser zahlen soll, dass man nicht in den Ausguss, sondern in den Garten auf seine Blumen gießt, das ist auch für Aufgewecktere nicht mehr so ohne Weiteres nachvollziehbar. Hier muss ja niemand etwas entsorgen. Und trotzdem soll's kosten??

Auch die Stadt Bielefeld sah dieses Problem. Sie berechnete die Brauchwassergebühren nach dem entnommenen Frischwasser (was ja grundsätzlich vernünftig ist), wollte aber den Blumengießern dabei nur sehr begrenzt entgegenkommen. Nur wer nachweise, dass er mehr als 20 qm Wasser jährlich für seinen Garten verwende, der könne einen Abschlag bei der Brauchwasser-Rechnung verlangen. Alles darunter seien Bagatellmengen, für die es keine Extrawurst bei der Abrechnung gebe.

Dagegen klagte ein Bielefelder Hausbesitzer, und er bekam vor dem OVG Münster Recht: Es gehe laut Gericht nicht in Ordnung, eine Bagatellgrenze zu ziehen. Stattdessen könne man den Gartlern auch auferlegen, auf eigene Kosten für das Gartenwasser einen eigenen Zähler installieren zu lassen, der dann en passant gleich mit abgelesen werden könne. Dann entstehe kein Verwaltungsmehraufwand, und es könne verbrauchsgenau abgerechnet werden (Urt. v. 03.12.2012, Az. 9 A 2646/11).

Nun könnten natürlich schlichtere Gemüter auf die Idee verfallen, auch das Wasser für den Abwasch im Garten zu zapfen und per Gießkanne ins Haus zu transportieren. Aber dem wird das lebenserfahrene Gericht wohl Rechnung getragen haben; denn kein Betrug wird lange durchgehalten, wenn er mit Mühe verbunden ist ;-)

Quelle: lto.

(C) Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

Blutspenden gegen Cash? Geht, wenn nicht zuviel gezahlt wird.

Das wär's doch: Immer mal wieder Blut spenden, dafür ordentlich bezahlt werden und daneben nichts mehr arbeiten müssen! Ein Traum vieler.
Nur leider biologisch und rechtlich nicht möglich. Einerseits reicht das Blut nicht: soviel kann man gar nicht spenden, dass es zum Leben reichen würde. Und andererseits sieht § 10 des Transfusionsgesetzes vor, dass Blutspenden unentgeltlich erfolgen sollen. Lediglich eine Aufwandsentschädigung könne dem Spender gezahlt werden.
Und darum gings auch in einem Verfahren vor dem VG Mainz. Die Mainzer Universitätsmedizin hatte zur Blutspende aufgerufen und jedem Spender eine Aufwandsentschädigung von € 26,00 zugesichert. Dagegen hatte das Deutsche Rote Kreuz geklagt, das ja auch auf Blutspender angewiesen ist, jedoch nichts zahlen will, sondern nur "kleine, nicht monetäre Geschenke" austeilt.
Das VG Mainz (Urt. v. 03.12.2012, Az. 6 K 137/12.Mz) wies die Klage ab. Zunächst sei das DRK gar nicht klagebefugt. Es mache mit der Klage eigene Rechte geltend, das Transfusionsgesetz schütze aber die Allgemeinheit und begründe keine Rechte für einzelne Organisationen. Überdies ließ das Gericht lt. dpa in der Verhandlung erkennen, dass es die gezahlte Aufwandsentschädigung auch nicht für überhöht halte. Blutspenden sei nicht nur angenehm. Angesichts dessen, was der Spender auf sich nehme, sei der Betrag durchaus angemessen.

Quelle: lto

(C) Foto: Herbert Käfer / pixelio.de

Dienstag, 4. Dezember 2012

Bewerber für den Polizeidienst darf nicht wegen Tattoos auf den Armen abgelehnt werden.

Nach einem Erlass des Innenministeriums von NRW ist für den Polizeidienst nicht geeignet, wer Tätowierungen hat, die beim Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln zu sehen sind.
Deshalb schloss die Einstellungsbehöre einen Bewerber, der sichtbare Tattoos auf den Unterarmen trug, von vornherein vom Auswahlverfahren aus.
Das akzeptierte das VG Aachen so nicht: Lasse die Polizei generell einen Tattoo-Träger zum Auswahlverfahren nicht zu, verstoße das gegen die Grundrechte des Betroffenen, nämlich das Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Ferner könne sich der Bewerber auch auf das Recht auf Zugang zum öffentlichen Dienst nach Art. 33 Abs. 2 GG berufen. Grundsätzlich können Grundrechte zwar eingeschränkt werden, um die Funktionsfähigkeit der Polizei zu erhalten. Im Falle gehe die durch den Erlass vorgenommene Beschränkung aber zu weit: Als milderes Mittel käme z.B. in Betracht, den Mann zu verpflichten, auch im Sommer Hemden mit langen Ärmeln zu tragen (Urt. v. 29.11.2012, Az. 1 K 1518/12).

Quelle: lto
(C) Foto: SuicideSusi  / pixelio.de

Montag, 3. Dezember 2012

AG München: Haftung für Dachlawinen auf Mieter übertragbar.

Die Sicherungspflicht kann sogar durch Formularklausel übertragen werden.
Die Mieterin einer Doppelhaushälfte hatte einen Bekannten zu Besuch, der sein Fahrzeug vor dem Haus parkte. Durch eine abgehende Dachlawine wurde das Fahrzeug beschädigt. Der Besucher verlangte Schadensersatz vom Vermieter, den dieser mit Hinweis darauf ablehnte, die Sicherungspflicht für Dachlawinen sei im Mietvertrag formularmäßig auf die Mieterin übertragen worden.

Das AG München gab mit Urteil v. 29.11.11, Az. 433 C 19170/11 dem Vermieter Recht. Werde ein ganzes Haus oder eine Doppelhaushälfte vermietet, habe nicht mehr der Vermieter sondern allein der Mieter die Sachherrschaft über das Mietobjekt. Unter diesen Umständen sei es angemessen, dass der Mieter auch sämtliche eigentlich dem Vermieter und Hauseigentümer obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflichten und privatrechtlichen Verkehrssicherungspflichten übernehme. Und deren Übertragung sei auch formularmäßig möglich.

Quelle: lto

(C) Foto: w.r.wagner  / pixelio.de

Steuern zahlen für Sex, Reiten und Schlangestehen?

Findige Stadtväter auf der Suche nach Möglichkeiten, die Schwindsucht im Stadtsäckel zu beheben.

In allen öffentlichen Kassen herrscht Ebbe, und die Ideen der Kommunen, irgendwie zu Geld zu kommen, werden immer ausgefallener. In Hessen plant die erste Gemeinde, eine Steuer bei Pferdehaltern zu erheben (die deswegen sämtlich erwägen, ihre Pferde in der Nachbargemeinde unterzustellen). In Köln stand letzten Sommer in Rede, Warteschlangen vor Diskotheken als Sondernutzung des Gehsteigs zu besteuern. Auf EG-Ebene wurde bereits geprüft, ob eine Besteuerung von Handy-Sendemasten möglich ist, weil diese die Umgebung verschandeln. Und nun kam die Stadtverwaltung in Soltau auf eine weitere pfiffige Besteuerungs-Idee:

In Soltau war ein Vermieter von Wohnmobilen auf die findige Idee gekommen, seinen Fuhrpark mit ein paar Herzchen zu bekleben, ein wenig plüschiger auszustatten und die Fahrzeuge dann an Prostituierte zwecks mobiler Ausübung Ihres Berufs auszuleihen. Daran nahm die Gemeinde sittlichen Anstoß, fand aber keine Möglichkeit, dieses Treiben juristisch zu unterbinden, weshalb sie pro Tag und Wohnmobil einfach eine Vergnügungssteuer von 5 Euro beim WoMo-Verleiher erhob. Dieser erhob Einspruch und klagte.

Das, was hier geschehe, sei tatsächlich die Ausübung von Prostitution, meinte das OVG Lüneburg. Allerdings sei insoweit nicht der Vermieter zuständig für eventuelle Abgaben, sondern die Damen vor Ort, stellte das OVG mit Urteil vom 26.11.2012, Az. 9 LB 51/12 fest und gab der Klage statt. Allerdings war es für das Gericht durchaus vorstellbar, dass die Steuer bei den Damen direkt erhoben werden könne. Dann allerdings sei sie als Betriebsausgabe von anderen Steuern wie Einkommens- oder Gewerbesteuer absetzbar :-)

Quelle: Legal Online Tribune 

(C) Foto: Thorben Wengert auf www.pixelio.de

Samstag, 1. Dezember 2012

Gesetzesänderung bei der Verbraucherinsolvenz: Restschuldbefreiung nach nur 3 Jahren.

Die Wohlverhaltensdauer soll in Einzelfällen auf 3 oder 5 Jahre verkürzt werden.

Der Bundestag hat sich am Freitag in erster Lesung mit einem Gesetzesentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens befasst. Während bei einer Verbraucherinsolvenz sich bislang der Weg zur Restschuldbefreiung auf einen Zeitraum von 6 Jahren erstreckt, soll diese Frist nun für Schuldner, die es schaffen, 25 % ihrer Verbindlichkeiten zu begleichen, auf 3 Jahre verkürzt werden. Gelingt es dem Schuldner, wenigstens die Verfahrenskosten zu zahlen, kann er nach 5 Jahren Restschuldbefreiung beantragen.
Der vorgerichtliche Einigungsversuch soll bei Aussichtslosigkeit entfallen.

Durch den für den Schuldner geschaffenen Anreiz zur Teilzahlung sollen die Gläubiger schneller wenigstens an einen Teil ihres Geldes kommen. Ferner sieht der Gesetzesentwurf für sie ein erleichtertes Verfahren für den Versagungsantrag vor, wenn Versagungsgründe bestehen.

Ein zweischneidiges Schwert, wie ich meine. In außergerichtlichen Moratorien wird man die Gläubiger mit Sicherheit umgehend mit dem Argument konfrontieren, dass es als Quote höchstens 25 % gibt, denn mehr ist ja in der Restschuldbefreiung auch nicht zu holen. Nicht gerade ein Anreiz, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Quelle: BMJ

(C) Ftot: Benjamin Thorn auf www.pixelio.de

Freitag, 30. November 2012

Arbeitszeugnisse erstellen - ein Leitfaden.

Sie müssen gelegentlich Ihren Arbeitnehmern Zeugnisse ausstellen? Oder Sie halten als Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis in Händen, dessen Inhalt Sie nicht abschätzen können?

Die Universität Hamburg hat - zu eigenen Zwecken, nämlich für die Beurteilung ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter - einen Leitfaden entwickelt, der Ihnen sowohl bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses als auch beim Lesen und Interpretieren weiterhelfen kann. Den Leitfaden finden Sie hier.

Die Hinweis auf den Leitfaden habe ich bei www.rechthaber.com gefunden. Danke nach dort für den guten Tipp!.

(C) Foto: Gerd Altmann auf www.pixelio.de

EuGH: Die Bahn muss über Verspätungen informieren.

Der europäische Gerichtshof hat die Rechts von Bahnkunden gestärkt. Mit Urteil vom 22.11.2012, Az. C-136/11 hat er festgestellt, dass Bahnunternehmen in Europa ihre Kunden zeitnah über Anschlusszüge informieren müssen. Das gilt auch, wenn die Anschlusszüge von anderen Bahnunternehmern betrieben werden. Sie haben die Pflicht, Reisende über Verspätungen und Ausfälle wenigstens der wichtigsten Verbindungen zu unterrichten.
Damit die Bahnunternehmen dieser Verpflichtung nachkommen können, müssen nun die Schienennetzbetreiber allen Anbietern Echtzeitdaten zu den Verspätungen der wichtigsten Anschlussverbindungen zur Verfügung stellen.
Damit bekam das österreichische Bahnunternehmen "Westbahn" vor dem EuGH Recht, das vom Netzbetreiber ÖBB-Infrastruktur AG solche Informationen gefordert hatte. Die ÖBB hatte die Herausgabe der Informationen abgelehnt und die "Westbahn" auf die Mitanbieter verwiesen, also praktisch anheimgestellt, sich die Informationen bei allen übrigen Anbietern zusammen zu sammeln. Das hat der EuGH abgelehnt und die Informationspflicht des Netzbetreibers festgestellt.

(C) Foto: manwalk  / pixelio.de

Donnerstag, 29. November 2012

OLG Hamm: 50.000 € Schmerzensgeld für "Blutgrätsche"

Fouls sind beim Fußball ein übliches Mittel, den Gegner am Erfolg zu hindern. Wenn er ansonsten "durch" wäre, bleibt oft nichts anderes übrig. Und wird beim Foulspiel dann mal einer verletzt, hat er nach ständiger Rechtsprechung eigentlich keinen Schadensersatzanspruch.
Anders bei grob rücksichtslosen Fouls, im Volksmund besser bekannt als "Blutgrätsche". Eine solche war jetzt Gegenstand einer Entscheidung des OLG Hamm, und das stellte laut Pressemeldung des Gerichts fest: "Mangels Fahrlässigkeit hafte ein Fußballspieler zwar nicht, wenn er seinen Gegenspieler bei regelgerechter und dem Fairnessgebot entsprechender Spielweise verletze. Im vorliegenden Fall aber hafte der Beklagte, weil er unter Verstoß gegen die DFB-Fußballregel Nr. 12 rücksichtslos gehandelt habe. Er habe den zur Verletzung des Klägers führenden Zweikampf ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für den Gegner geführt. Hiervon sei das Landgericht nach einer umfangreichen Beweisaufnahme zu Recht ausgegangen."

Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.10.2012 (I-6 U 241/11).

(C) Foto: Uwe Steinbrich  / pixelio.de

Der Wasserwerfer als Zweitwagen?

Was, wenn bei einer Demo nicht die Polizei, sondern die Demonstranten Wasserwerfer einsetzen?
Das jedenfalls hatten ein paar St.Pauli-Fans vor, die überdies nicht nur St.Pauli-Fans, sondern auch noch der linken autonomen Szene zuzurechnen waren. Sie kauften aus Polizeibeständen einen alten ausrangierten Wasserwerfer und ließen ihn in Aachen als Zweitwagen zu. Schon das beantragte Kennzeichens AC-AB 1910 ("All Cops Are Bastards" plus Gründungsjahr des FC St. Pauli) hätte die Zulassungsbehörde eigentlich misstrauisch machen müssen. Gleichwohl wurde das Fahrzeug zugelassen.
Und dann wurden die Hardcore-Anarcho-Fans beim nächsten Spiel der Alemannia gegen St. Pauli im Februar 2012 aktiv und wollten den Wasserwerfer gegen die gegnerischen Fans einsetzen. Das unterband natürlich die Polizei. Sie ersuchte zudem die Zulassungsbehörde, die Zweitwagenzulassung für den Wasserwerfer zurückzunehmen, was diese dann auch veranlasste.

Zu Unrecht, wie das VG Aachen im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz entschied. Zwar hätte die Zulassung eigentlich gar nicht erst erteilt werden dürfen, da die Betriebserlaubnis des Geräts mit Außerdienststellung bei der Polizei erloschen sei. Trotzdem sei die Rücknahme der Zulassung aus formalen Gründen ebenfalls nicht korrekt gewesen. Überdies sei das Fahrzeug technisch mangelfrei, weshalb der vorläufigen Inbetriebnahme im Straßenverkehr nichts entgegenstehe.

Die auch in juristischer Hinsicht amüsanten Details dieser Geschichte finden sich auf den Seiten der Legal Tribune Online.

(C) Foto: Henning Hraban Ramm  / pixelio.de

Mittwoch, 21. November 2012

Britischer Politiker will 10.000 Twitterer verklagen

Es ging um Kindesmissbrauch. Und eine der ehrwürdigsten Institutionen Großbritanniens, nämlich die BBC erhob schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Schatzmeister der konservativen Partei Allister McAlpine - nur um diese wenig später mit dem Ausdruck des Bedauerns wieder zurückzunehmen. Sie hatten sich definitv als falsch herausgestellt (vgl. den seinerzeitigen Bericht auf focus-online).
Zu diesem Zeitpunkt allerdings hatte sich die Nachricht über Twitter jedoch bereits wie ein Lauffeuer verbreitet. Etwa 10.000 Twitterer hatten sie getweetet bzw. retweetet. Und gegen diese Twitterer will McAlpine nun vorgehen. Nach einem Bericht der Zeit vom heutigen Tage haben McAlpines Anwälte "ein ganzes Team engagiert, um alle Tweets und alle Retweets mit dem Namen des früheren britischen Abgeordneten zu finden". Der britische Nachrichtensender "channel 4 news" sprach von einem "Kreuzzug" gegen die Twitter-Gemeinde, siehe das nachfolgende Video.


 

Er verlangt eine Entschuldigung und eine Entschädigung von 5 Pfund von jedem, der den Artikel der BBC über Twitter weiter verbreitet hat.

Nach britischem Recht dürfte das nicht ganz von der Hand zu weisen sein, berichtet die"Zeit"; dort muss der Nachrichten-Überbringer im Zweifel beweisen, dass seine Nachricht wahr ist. In den USA sieht die Sache anders aus: Dort darf man alles berichten, von dem man nicht positiv weiss, dass es unwahr ist, so die "Zeit". 
Auch in Deutschland muss der Twitterer wenigstens keine Bestrafung wegen Verleumdung fürchten, denn der Tatbestand des § 187 StGB setzt voraus, dass die Behauptung in der Öffentlichkeit "wider besseres Wissen" erfolgt. Die Frage ist nur, ob hier nicht stattdessen der Tatbestand der üblen Nachrede gem. § 186 StGB vorliegen könnte, wenn man mit der Formulierung nicht aufpasst. 

Ich konnte das hier noch nicht abschließend prüfen. Ausgeschlossen scheint es mir nicht zu sein. Vielleicht können sich ein paar der ausgewiesenen Strafrechtler in der Blogger-Gemeinde mal drum kümmern und etwas dazu posten. Für uns Twitterer wäre die Information existentiell wichtig. So, wie ich das sehe, wäre nach deutschem Recht ein Tweet "McAlpine unter Verdacht auf Kindsmisshandlung" eventuell nach dieser Vorschrift strafbar, während das bei einem Tweet: "BBC: McAlpine unter Verdacht auf Kindsmisshandlung" nicht der Fall wäre. Wie sehen das die Strafrechts-Kollegen? Ein Familienrechtler bittet um fachkundigen Rat.

Dienstag, 20. November 2012

Auch kirchliche Arbeitnehmer dürfen jetzt streiken!

Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom heutigen Tage entschieden, wie die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine berichten.

Aus dem in Deutschland geltenden Prinzip der Trennung von Kirche und Staat resultiert an sich ein subjektives Recht der Kirchen auf Selbstbestimmung, das Verfassungsrang hat. Die Kirchen haben bislang Ihren Mitarbeitern unter Berufung auf diesen Freiraum besondere Loyalitätspflichten abverlangt und Ihnen insbesondere das Streikrecht verweigert. Das lässt das Bundesarbeitsgericht (1 AZR 179/11, 1 AZR 611/11) in dieser Absolutheit nun nicht mehr zu, belässt allerdings den Kirchen nach wie vor das Beschreiten des sogenannten Dritte Wegs (Festlegung des kirchlichen Arbeitsrechts durch paritätisch besetzte Gremien, näheres hierzu "auf die Schnelle" bei Wikipedia).

Näheres sofort hier, wenn die Entscheidungen (oder die dazugehörige Pressemeldung) vorliegen.

(C) Foto: s.media / pixelio.de

Filesharing-Entscheidung des BGH: Das dicke Ende kommt nach

Mit dem Urteil von letzter Woche hat der BGH eine Elternhaftung für file-sharende Kinder weitgehend abgelehnt, wenn diese zuvor über die Tatsache aufgeklärt wurden, dass solcherart Musikbeschaffung verboten ist.
Dass das Problem damit aber nicht aus der Welt ist, sondern sich eher verschärft, darauf weisen Lampmann und Biesterfeld in einem Artikel der Legal-Online-Tribune vom 16.11.2012 hin. Sie unterziehen auch das Urteil selbst einer kritischen Würdigung:

  • Zunächst einmal verwerfe der BGH den guten alten Grundsatz: "Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser". Nur bei mindestens stichprobenartiger Kontrolle greifen ja bekanntlich Erziehungs-Weisungen und -Maßregeln. Eltern von jeglicher Kontrollverpflichtung freizustellen (es sei denn, es gibt konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten), gehe daher nicht an. 
  • Wie verfehlt das Urteil sei, könne man ersehen, wenn man das vom BGH postulierte Prinzip auf andere Sachverhalte anwende: "Ein wenig polemisch formuliert: Können Eltern sich fortan auch dann exkulpieren, wenn ihr Kind CDs stiehlt oder ein Haus anzündet, sofern sie nachweisen können, dass sie es zuvor darüber belehrt haben, dass das verboten ist?"
  • Es liege - so Lampmann und Biesterfeld weiter - auf der Hand, dass die Karlsruher Richter dies nicht zum Ausdruck bringen wollten. "Warum sie gerade bei Rechtsverletzungen im Internet bloß eine einfache Belehrung ohne Kontrollmechanismus ausreichen lassen möchten, erschließt sich nicht".
Das lässt sich hören.

Dazu kommt noch - und darauf weisen Lampmann und Biesterfeld ebenfalls hin -, dass Kinder unter sieben Jahren sich kaum mit Filesharing beschäftigen werden, Kinder ab sieben Jahren aber deliktsfähig sind und dann für ihr Handeln haftbar gemacht werden dürfen, wenn sie "bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht" haben.
Und nachdem sich die Eltern ja gerade mit dem Argument aus der Haftung winden, sie hätten ihre Kinder entsprechend belehrt, wird man gegen eine Kinder-Haftung in diesen Fällen schlecht etwas einwenden können.
Kommt es also jetzt zu massenhaften Klagen gegen Kinder? Auszuschließen ist das nicht. Denn hinnehmen kann man massenhaftes Filesharing auch nicht: Die Künstler wären neben der Musikindustrie dann diejenigen, die draufzahlen.

Es bleibt also spannend, und das Thema ist alles andere als erledigt.

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Montag, 19. November 2012

"Hatten Sie in den letzten Jahren mal bei Ärger mit der Staatsanwaltschaft?"

Diese Frage wird bei Einstellungsgesprächen häufig von Arbeitgebern gestellt. Und sie ist unzulässig!
Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt mit Urteil vom 15. November 2012 - 6 AZR 339/11 den Grundsatz aufgestellt, dass der Stellenbewerber nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gefragt werden darf.Eine solche unspezifizierte Frage verstößet gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch, und entscheidet sich der Arbeitnehmer, ihn anzulügen, kann der Arbeitgeber, wenn die Sache später noch aufkommt, ihn deswegen nicht kündigen.
Denn der Arbeitnehmer habe, indem er auf eine unzulässige Frage falsch geantwortet habe, nur sein informationelles Selbstbestimmungsrecht wahrgenommen.

Quelle: Beck-Blog 
Ein atmosphärischer Bericht über die Verhandlung bei Reuter-Arbeitsrecht
Hier die Pressemitteilung des BAG

(C) Foto: berwis / pixelio.de

Sonntag, 18. November 2012

Neue Spielwiese für Verfassungsschützer

Kennen Sie GETZ?
Klar! Sagen Sie: Ein Kleinwagen-Modell von Hyundai. Meinen wir aber nicht.
Mmmmh. Sagen Sie. Dann gäbe es noch diesen brasilianischen Saxofonisten Stan Getz, der mit Astrud und Joao Gilberto "The Girl from Ipanema" eingespielt hat. Stimmt. Aber den meinen wir auch nicht.

Nein - GETZ ist die aktuelle Neuerfindung unseres Innenministers Friedrich, das Gemeinsame Extremismus- und Terrorabwehrzentrum. Es soll die (siehe NSU) bislang ja schon sehr erfolgreiche Arbeit der deutschen Verfassungsschützer noch besser koordinieren und löst wohl das seit acht Jahren operierende Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) ab. Dabei ergänzt es das seit Dezember 2011 bestehende Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus und -terrorismus (GAR) um alle weiteren Bereiche des Extremismus und -terrorismus sowie Spionage und Proliferation. 

Am Zentrum beteiligen sich insbesondere das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst, die Bundespolizei, der Generalbundesanwalt, das Zollkriminalamt und der Militärische Abschirmdienst, so Legal Online Tribune. Es soll den Beteiligten die Möglichkeit geben, sich "vor Ort in Arbeitsgruppem auszutauschen". Wunderbar! Wenn denn die Kommunikation bislang daran gescheitet sein sollte, dass man Telefon und EMail nicht bedienen konnte - vielleicht helfen ja Treffen vor Ort was.

Am letzten Donnerstag wurde das Zentrum durch Friedrichs und den Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen eröffnet, siehe die Berichte der LTO und des Verfassungs-Blogs. Sicher sind die ersten Aktenshredder bereits installiert. Aber es gibt mal wieder einen Spielverderber. Die LINKE will Klage gegen das Zentrum erheben. Das "Trennungsgebot" zwischen Polizei und Verfassungsschutz sei verletzt.
Und wenn schon: Wenn die Zusammenarbeit so gut klappt, wie bisher, braucht man sich da wohl kaum Sorgen zu machen.

(C) Foto: Stephanie Hofschlaeger  / pixelio.de

Samstag, 17. November 2012

Bald kein Rabatt für stromintensive Betriebe mehr?

OLG Düsseldorf zweifelt die Rechtmäßigkeit der Befreiung industrieller Großverbraucher von den Netzkosten an.

Natürlich kostet die Energiewende erstmal Geld. Die Strompreise steigen. Erstmal. Bis wir autark sind. Dann werden wir vergleichsweise besser fahren als mit fossilen Brennstoffen aus dem Nahen Osten. Wenn's die dann überhaupt noch gibt.
Aber das interessiert einen deutschen Großunternehmer heute wenig. Er will JETZT verdienen. Was Energie allgemein und Strom im Besonderen in 20 Jahren kostet und welche Luft dann seine Kinder atmen, ist für ihn derzeit drittrangig. Also sucht er nach Wegen, die zusätzliche Belastung - und sei es auf Kosten anderer - zu vermeiden. Und droht der Regierung, die mit der Strompreiserhöhung verbundene Kostensteigerung dadurch zu egalisieren, dass er Personal entlässt.
Und um den Arbeitsmarkt nicht zu beunruhigen und um sich die Wähler zu erhalten, erlässt ihm die Regierung die Netzkosten. Und nicht zuletzt deshalb wird der Strom für uns alle im Moment so viel teurer.

Seit August letzten Jahres können die Strom-Großverbraucher - rückwirkend zum 01.01.2011 - die Befreiung von den Netzkosten beantragen. Dagegen sind die Netzbetreiber Sturm gelaufen. Vor dem OLG Düsseldorf sind 160 Klagen anhängig, mit denen versucht wird, die Regelung zu kippen. Und das OLG  Düsseldorf hat tatsächlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit. In einem Eilverfahren hat es "aus pragmatischen Gründen" noch ein Auge zugedrückt. Für das im März 2013 stattfindende Hauptsacheverfahren sehe die Sache jedoch anders aus: Die Befreiungsregelung hätte nicht per Verordnung ergehen dürfen. Sie wäre Sache des Gesetzgebers gewesen. (So was hatten wir doch schon mehrfach, vgl. unseren Post zur Abschaltung der Atomkraftwerke). Überdies sei die Sache europarechtlich bedenklich. Allenfalls eine Minderung der Entgelte könne sich das Gericht vorstellen, nicht aber eine Befreiung...

Es wird spannend im Frühjahr...

Quelle: legal tribune online

(C) Foto: Wolfgang Dirscherl  / pixelio.de 

Freitag, 16. November 2012

File-Sharing: "Früher hätte es für so was eine Watsch'n gegeben!"

Interessant, zu welchen Argumenten Anwälte von Plattenfirmen greifen, wenn die Luft ansonsten dünn wird:

Vorgestern ging der Musikbranche ein Filesharing-Verfahren vor dem BGH verloren. Wir lieferten hier eine Zusammenfassung.
Nun gibt es ein sehr gutes Resumée der Kanzlei Petrings und einen erstaunlichen Terminsbericht von Wilde-Beuger-Solmecke. Ich zitiere:

"Der Anwalt der Gegenseite Dr.  XXX stellte sich auf den Standpunkt, die Eltern müssten den Kindern klar ihre Grenzen aufzeigen. Früher hätten die Eltern dafür auch schon mal Ohrfeigen verteilt. Sie können sich jedenfalls nicht damit herausreden, sie hätten keine ausreichenden Fachkenntnisse. Notfalls müssten sie sich diese Kenntnisse eben verschaffen, sei es indem sie einen Fachmann beauftragen oder sich selbst informieren. Wenn ein Gericht eine solche Argumentation der Eltern zulassen würde, würde dies den Weg in die Rechtslosigkeit ebnen. Dr. XXX hielt den Erziehungsauftrag der Eltern und somit auch ihre Aufsichtspflichten hier für verletzt."
Man stelle sich vor: "Mu-sik-run-ter-la-den-ge-hört-sich-das???" Und zu jeder Silbe eine Maulschelle. Abwechselnd von rechts und von links, damit's gerecht zugeht.

Dürfen wir den Kollegen höflich auf § 1631 II BGB hinweisen?

Nochmals zur Klarstellung:
  • Ich bin gegen jede Urheberrechtsverletzung! Ich bin selber Urheber!
  • Ich habe Verständnis für das Vorgehen der GEMA.
  • Ich habe kein Verständnis dafür, wenn kostenlos tonnenweise Musik im Net getauscht wird.

Aber für solche Schmalspurargumente kann ich beim besten Willen kein Verständnis mehr aufbringen.

(C) Foto: Willi Schewski / pixelio.de

"Jawohl, mein Führer!" ...sollte man besser nicht zu seinem Chef sagen.

Der Arbeitnehmer hatte eine Anweisung seines Chefs mit der Bemerkung "Jawohl, mein Führer!" bestätigt. Das kam in den falschen Hals. Wegen der Verwendung von Nazi-Sprüchen kündigte der Arbeitgeber. Die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage ging bis in dei zweite Instanz. Das LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20.01.2011 - 11 Sa 353/10 = BeckRS 2011, 71731) stellte fest:
  • Einerseits sind Nazi-Sprüche im Betrieb unakzeptabel und können je nach konkreter Sachlage eine Kündigung durchaus rechtfertigen.Die Äußerung "Jawohl, mein Führer", stelle ein deutliches Fehlverhalten dar. Sie verbiete sich im innerbetrieblichen Gebrauch, denn es handele sich um "einen Tabubruch durch Verwendung des aus dem nationalsozialistischen Sprachgebrauch entstammenden Zitats". Von einer "kabarettistischen Aufarbeitung" des dritten Reichs (die der Arbeitnehmer im Ernst vorgetragen hatte) könne nicht die Rede sein.
  • Andererseits sei eine sofortige Kündigung auch in diesem Falle nicht gerechtfertigt. Der Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer abmahnen müssen und erst im Wiederholungsfalle kündigung dürfen.
Quelle: Beck-Blog

Ius News #9


Ausgabe vom 16.11.2012:
Die NPD spricht beim Verfassungsgericht vor. Hat deshalb das BAG über das "Flunkern beim Vorstellungsgespräch" entschieden? Wenn ich nicht will, dass man mich in meiner Wohnung belästigt, muss ich meine Adresse bekannt geben. Na sowas! Es wird Zeit, dass sich da was ändert und Udo endlich president wird...
  • Wer beim Vorstellungsgespräch flunkert und später ertappt wird, darf deswegen nicht immer gekündigt werden, hat jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden, und berichtet die Kanzlei Blaufelder
  • Wen ich im Gewaltschutzverfahren erreichen will, dass der Gegner sich von meiner Wohnung fernhält, dann muss ich leider bekanntgeben, wo ich wohne, sonst kann das Gericht keinen Beschluss erlassen. Das hat das OLG Celle son entschieden, und darüber berichtet H.O. Burschel im Beck-Blog 
  • Udo Vetter will in den Bundestag und kandidiert für die Piraten, berichet der Spiegel. Dem Kollegen Hoenig wäre noch lieber, wenn er seine Ambitionen noch  höher ausrichten würde: "Udo for president!"
  •  Auch bei Verkehrsunfällen mit klarer Haftungslage darf der Geschädigte einen Anwalt mit der Regulierung des Schadens beauftragen. Das ist seit langem klar, und trotzdem versuchen die Versicherungen immer wieder, dem Anwalt die Gebühren streitig zu machen. Warum die Beauftragung eines Anwalts auch bei klarer Haftungslage regelmäßig notwendig ist, erläutert das AG Berlin Mitte und berichtet die Kanzlei Hoenig
  • Die NPD hat beim BVerfG einen Antrag gestellt und will erreichen, dass sie als verfassungskonform eingestuft wird. Wie wenig an diesem Antrag dran ist, erläuter der Kollege Steinbeis im Verfassungsblog
  • Der Mieter der die Miete mindert und weniger zahlt, läuft Gefahr, fristlos gekündigt zu werden, wenn der Rückstand zwei Monatsmieten erreicht und die Mietminderung nicht begründet ist. Das hat der BGH nochmals entschieden, und das erläutert der Kollege Robak

Donnerstag, 15. November 2012

Der BGH und das Filesharing

Selten war ein Thema so heiß! Wie heiß, kann man daran ersehen, wieviel in kürzester Zeit dazu gepostet wurde.
In Anbetracht der überwältigenden Informationsflut sowie des direkt bevorstehenden Feierabends verzichte ich auf eine eigene Stellungnahme und beziehe mich  auf alle anderen, die sich während der letzten zwei Stunden schon die Mühe gemacht haben. Sie sind es alle wert, zitiert zu werden.

Hier als Überblick die Pressemeldung des BGH.

Und  hier eine Auswahl aus den Posts der Kollegen aus den letzten Stunden:

Ergänzung vorbehalten.
Ich bin dann mal wech...Schönen Feierabend.

Horror-Szenario: Generalschlüssel verloren! Nicht immer müssen Arbeitnehmer oder Mieter gleich die ganze Schließanlage ersetzen!

Es ist der Super-GAU: Der Arbeitnehmer hat für das große Geschäftsgebäude des Arbeitgebers einen Generalschlüssel bekommen, der 150 Türen schließt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Schlüssel nicht mehr aufzufinden. Der Arbeitgeber kündigt an, die Schließanlage komplett austauschen zu wollen. Kosten: horrend! Man korrespondiert geraume Zeit hin und her, und schließlich geht der Arbeitgeber mit seiner Schadensersatzforderung zum Arbeitsgericht. Und handelt sich eine Klageabweisung ein! Warum?

Das haben das LAG München und das LAG Rheinland-Pfalz wie folgt eindrücklich erläuter:

  • LAG München, Urt. v. 16.06.2006, 2 Sa 100/11:  "Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt zwischen dem Schlüsselverlust am 2.10.2002, der Einholung des Kostenvoranschlags für den Austausch der Schließanlage am 4.5.2003 und der Klageerhebung am 25.1.2005 ein derart langer Zeitraum, dass ein Schaden nicht anerkannt werden kann. Der Kläger hat die Schließanlage bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht ausgewechselt. Der sehr lange Zeitraum von mehr nunmehr vier Jahren, innerhalb dessen es von Anfang an zu keinem Missbrauch des verloren gegangenen Schlüssels gekommen ist, lässt den Schluss zu, dass im vorliegenden Fall keine ernsthafte Möglichkeit des Missbrauchs des verloren gegangenen Schlüssels bestanden hat und auch in Zukunft nicht besteht. Wie das Arbeitsgericht zutreffend bemerkt hat, kann aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der verlorene Schlüssel entweder von niemandem gefunden oder zumindest nicht der Schule der Klägerin zuordenbar gefunden wurde. Damit kann eine missbräuchliche Verwendung des verlorenen Schlüssels für die Zukunft ausgeschlossen werden."
  • LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.06.2011, 2 Sa 100/11: "Zum zweiten ist die Kausalität des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs für den Austausch sämtlicher Schlösser nicht dargelegt. Die Beklagte hat weder einen Schließplan vorgelegt, noch substantiiert und rechtzeitig dargelegt und unter Beweis gestellt, dass zum Zeitpunkt des Schlüsselverlustes noch alle anderen zur Schließanlage gehörigen Schlüssel vorhanden gewesen sind...Wenn nicht feststeht, dass der Verlust des Schlüssels, welcher vom Kläger wohl zu vertreten ist, der einzige Eingriff in die Gesamtanlage seit 1984 gewesen ist, besteht kein Schadensersatzanspruch der Beklagten, selbst dann, wenn sie auf eigene Kosten die Schließanlage mit Austausch sämtlicher Schlüssel und Schlösser auf einen neuen Stand versetzt."
(C) Foto: Benjamin Klack  / pixelio.de

Mittwoch, 14. November 2012

Wer schwätzenden Schülern den Mund zuklebt, kann als Lehrer fristlos gekündigt werden.

Irgendwann hatte sie genug davon, dass dauernd der Unterricht gestört wurde. Und dann griff die Lehrerin angeblich zum Tesafilm und versiegelte die Schallquelle. Und wurde deswegen vom Land Sachsen-Anhalt fristlos gekündigt. Und erhob dagegen Kündigungsschutzklage.
Das Verfahren ging hoch bis zum Bundesarbeitsgericht, wie der Beck-Blog berichtet. Und das BAG ( Urteil vom 19. April 2012 - 2 AZR 156/11= BeckRS 2012, 74958) entschied wie folgt:

  1. Natürlich geht es nicht an, schwätzenden Schulkindern den Mund zuzukleben. "Eine Grundschullehrerin hat ihr Verhalten in der Schule so einzurichten, dass die Verwirklichung des ihr zukommenden gesetzlichen Erziehungsauftrags nicht gefährdet wird. Sie verletzt erheblich ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn sie Schülern zu Disziplinierungszwecken die Münder mit Tesafilm verklebt".
  2. Aber: Im vorliegenden Fall war noch gar nicht richtig bewiesen, dass sie das auch getan hatte. Die Lehrerin hatte vorgetragen:
    Der neben dem Lehrertisch sitzende Schüler E sei unruhig gewesen. Sie habe deshalb zu ihm gesagt, der Streifen gehöre ja wohl eher auf seinen Mund als auf das Papier. E habe lachend mit „Ja" geantwortet. Daraufhin habe sie ihm den Streifen Tesafilm in Höhe des Mundes lose auf die Wange geklebt. Der Schüler P habe dies gesehen und für sich ebenfalls einen Streifen gewollt. Sie habe deshalb auch ihm lose ein Stück Tesafilm auf die Wange geklebt. Die Streifen hätten nicht fest geklebt. Sie seien sogar abgefallen und beide Jungen hätten sie jeweils wieder aufgedrückt. Die Sache sei von allen Kindern als „Spaß" empfunden worden, beide Schüler hätten mitgelacht und sich vom weiteren Erzählen und Mitarbeiten während des Unterrichts nicht abhalten lassen.
    Was tatsächlich passiert sei, hätten Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht noch nicht endgültig festgestellt.
Das BAG verwies den Fall deshalb zur weiteren Verhandlung und Beweisaufnahme zurück an die Vorinstanz.

(C) Foto Bejanmin Thorn / pixelio.de

BAG - Arbeitgeber darf schon am ersten Krankheitstag ärztliches Attest fordern

Mit einem am heutigen Mittwoch verkündeten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass es im Ermessen des Arbeitgebers steht, ob er bereits am ersten Krankheitstag vom Arbeitnehmer ein ärztlichds Attest fordert. Der Arbeitgeber muss auch nicht begründen, warum er schon so früh einen Nachweis für die Erkrankung sehen will. Die klagende Arbeitnehmerin verlor das Arbeitsgerichtsverfahren damit in allen drei Instanzen: Schon das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten ebenso entschieden.

(C) Foto Thorben Wengert / pixelio.de

Multitasking - Mit 135 Sachen auf der Autobahn nebenbei im Internet surfen

Wer spottet da von wegen: Männer sind nicht multitasking-fähig? Der Gegenbeweis ist jetzt erbracht.

Letzte Woche stoppte die Polizei bei Friedrichsthal im Saarland einen 35-jährigen Autofahrer, der mit 135 Sachen auf der Autobahn rechts überholte und nebenbei  telefonierte und im Net surfte. Meine Hochachtung vor dieser Kombinationsleistung! Wie Spiegel-Online berichtete, hatte der Mann sein Laptop auf dem Nebensitz installiert und eingeschaltet und war auch mit dem Handy "auf Sendung". Trotzdem war letztlich nicht nachweisbar, dass er unterm Fahren wirklich telefoniert und gesurft hatte. Daher hat er "nur" mit einer Anzeige wegen Rechts-Überholens, überhöhter Geschwindigkeit und unzureichend gesicherter Ladung zu rechnen (Laptop und Handy waren nicht ausreichend festgezurrt).

Die Frage ist, wie viele von uns das Kunststück fertigbringen würden, ohne an der Leitplanke zu landen. Ich möchte das lieber nicht ausprobieren. :-)



(C) Foto: in-fluenz  / pixelio.de

Dienstag, 13. November 2012

Wie man einen Hardcore-Fußballfan entmannt: Man nimmt ihm einfach seine Fan-Jacke weg.

Ich erinnere mich noch gut an die Strafverteidigung, für die ich damals das Mandat nicht bekommen habe. Irgendwie wollte ich nicht einsehen, dass es in Ordnung ist, wenn sich zwei Hardcore-Fanclubs (damals 1860 und Rostock) verabreden, um den Sieger nicht per Ball im Stadion sondern per Baseballschläger auf der Straße zu ermitteln; und deshalb empfahl ich dem Mandanten, den Einspruch gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß zu beschränken. Der Mandant, der mir die Sache antrug, war jedoch der Meinung, solcher Art Street-fighting sei ok; schließlich seien sich die Beteiligten ja über die Vorgehensweise einig. Und dann hätten Polizei und Gerichte beim Ganzen nichts zu suchen.
Wir wurden nicht einig. Er hielt mich nicht für den idealen Strafverteidiger und ging woanders hin.

Ganz außerhalb dieser Welt scheine ich mit den von mir angelegten Maßstäben aber nicht zu sein. Das OLG Nürnberg hat jetzt ähnliche angelegt:
Zu den Szene-Ritualen gehört es, gegnerische Fans mit Gewalt (oder mit Androhung derselben) um ihre Fan-Jacke zu erleichtern - ein zweifellos erniedrigender Vorgang, der aber häufig von den Beteiligten als harmlos und damit als Bagatell-Delikt angesehen wird.  Das OLG (Urt. v. 07.11.2012, Az. 1 St OLG Ss 258/12) sah das anders:
Zwei FCN-Fans hatten einen Greuther gewaltsam seiner Fan-Jacke entkleidet und diese (um sie vor der Polizei zu verbergen) in ihrem Auto verstaut. Das sah das OLG als Raub an. Den Einwand der zwei verurteilten Nürnberger, man habe sich die Jacke letztlich gar nicht angeeignet sondern weggeworfen, ließ das Gericht nicht gelten: Schon der, der erst später entscheiden wolle, ob er die gewaltsam ergatterte Beute behalten wolle, eigne sie sich zumindest vorläufig an, womit der Tatbestand des Raubes erfüllt sei.

Strafmaß: Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. *schluck*

Quelle: Legal Tribune Online

(C) Foto: Oliver Weber / pixelio.de