Freitag, 25. Januar 2013

Gangsta-Rap in der Großkanzlei - Berliner Kollege rappt über Examensstress.

In der Berliner Rapper-Szene ist er als "King J-Cop" bekannt. Sein bürgerlicher Vorname ist Jakob und sein bürgerlicher Nachname - spielt hier keine Rolle. Mit diesem Nachnamen steht er aber auf dem Briefkopf einer Berliner Großkanzlei, wie die Zeitschrift "advoice" des "Forum Junge Anwaltschaft" im DAV berichtet. Im Dayjob ist King J-Cop nämlich associate lawyer eben dieser Großkanzlei und dort spezialisiert auf öffentliches Wirtschaftsrecht.

Das hindert ihn Gott sei Dank nicht daran, weiter zu rappen. Und dabei auch und speziell uns Juristen aus der Seele zu sprechen. Erinnern Sie sich noch an den Stress der Examensvorbereitung? Falls nicht, schauen Sie sich King J-Cops Video "Jura-Soldaten" an. 
"Ich wach morgens auf, Kopf auf dem Sartorius
Keine Zeit zum Duschen, weil ich weiter lernen muss..."
Den Text des Videos können Sie hier herunterladen. Noch eine Kostprobe: 
"Auf meine Augenringe wär jede Eule neidisch
Wer vier Stunden schläft ist in meinen Augen peinlich
Scheiß auf Jesus, ich lern an Heilig-Abend
Wann sieht man gute Christen schon Mercedes fahren
Laber mich ruhig zu mit deinem Gutmenschentum
Ich war auch mal wie du, doch man lernt halt dazu..."
Kommentar aus der Juristen-Szene: "'Du kannst den Krieg nicht kennen, hast du den Krieg nicht gesehn.' Beste Beschreibung des Jurastudiums überhaupt."

Mein Kommentar: Teufelskerl - der! Weitermachen!


Freitag, 18. Januar 2013

Sex sells - auch auf Jurablogs...

Man werfe nur mal einen Blick auf die Konstellation von heute früh 8:30:




Schönes Wochenende!

Donnerstag, 17. Januar 2013

GEMA vs. Youtube - Verhandlungen vorerst gescheitert. GEMA verlangt Schadensersatz in Millionenhöhe.

Seit vier Jahren läuft nun die Auseinandersetzung zwischen der GEMA und Youtube über die Vergütung von Musikrechten an Dateien, die über Youtube per Stream besichtigt werden können. Ein Ende ist nicht in Sicht. Nach wie vor konnte man sich über den Preis pro Stream nicht einigen. Nun will die GEMA sogar gerichtliche Schritte gegen den gelegnetlich auf Youtube zu findenden Sperrvermerk einleiten: "Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar, da es Musik enthalten könnte, für die die GEMA die erforderlichen Musikrechte nicht eingeräumt hat". Außerdem beabsichtigt die GEMA, Schadensersatz in Millionenhöhe geltend zu machen.


Über den aktuellen Stand der Auseinandersetzung informiert der Kollege Günter Poll, ehemals stellvertretender Justitiar der GEMA, auf Legal Online Tribune.

Gabriele Pauli muss Veröffentlichung ihrer "Latex-Fotos" nun auch beim Bayerischen Rundfunk dulden.

Gegen "bild.de" war Frau Pauli, die ehemalige CSU-Landrätin und Stoiber-Intimfeindin bereits vor dem OLG München unterlegen gewesen. Das OLG hatte entschieden, dass Pauli die Veröffentlichung von Bildern dulden muss, die sie mit Latex-Handschuhen zeigen - wir berichteten hier
Auch der Bayerische Rundfunk hatte die Bilder veröffentlicht und sich eine Klage von Fr. Pauli eingefangen. Sie nahm sie auch nach Erlass des OLG-Urteils in der Bild-Sache nicht zurück, und es kam, wie es kommen musste: Sie unterlag nun auch gegen den BR und muss die Veröffentlichung der Fotos generell dulden. Denn es handelt sich - so schräg das klingen mag - um "Bilder der Zeitgeschichte".
Aber nur die Ruhe, Frau Pauli, auch Zeitgeschichte kann in Vergessenheit geraten: tempus fugit. Allerdings darf man nicht immer wieder dran rühren...

Quelle: lto
(C) Foto Rainer Sturm  / pixelio.de

Mittwoch, 16. Januar 2013

LG Ingolstadt: Ein Sexshop ist ein Sexshop und keine Tankstelle...

...auch wenn im Rückgebäude eine Zapfsäule steht. Auf diese Idee war nämlich ein Ingolstädter Betreiber eines Erotik-Artikel-Ladens verfallen und hatte eine Tanksäule installiert. Sondern meldete er seinen Betrieb als Tankstelle an, um im Rahmen der für Tankstellen geltenden längeren Öffnungszeiten auch nach Ladenschluss sein Sortiment unter die Leute bringen zu können. Vermutlich in der Annahme: Je später der Abend, desto höher der Bedarf...
Das gefiel der Konkurrenz nicht, die deshalb klagte. Und das LG Ingolstadt kam nach einem Ortstermin zu dem Ergebnis: Keine Tankstelle! Grund: Die Zapfsäule befinde sich im hinteren Teil des Gebäudes und habe nicht einmal eine Zufahrt. Die Kunden wüssten gar nichts davon, dass es in diesem Shop nicht nur Massage- sondern auch Motoröl zu kaufen gibt. Es handele sich also um einen Scheinbetrieb, mit dem der Inhaber die Ladenschlusszeiten umgehen wolle (Urt. v. 15.01.2013, Az. 1 HKO 1474/12).  Das Landgericht gab der Klage der Konkurrenz statt.

Quelle: lto

Freitag, 11. Januar 2013

Ach du dicker Hund! - Auch Überfütterung ist Tierquälerei

Wir lieben unsere Haustiere. Und oft genug geht die Liebe durch den Magen - nämlich den des vierbeinigen Freundes. Der nimmt natürlich, was er kriegen kann und sorgt so lange für schlechte Zeiten vor, bis er kaum noch atmen kann.
Diese spezielle Form der Tierliebe wäre jetzt fast einem Augsburger Ehepaar zum Verhängnis geworden: Das Paar - 69 und 71 Jahre alt - hatte ihren Pekinesen so lange üppig gefüttert, bis er grauenhafte 19 kg wog. Hunde dieser Rasse kommen im Normalfall auf 6 Kilo. Eine tierliebende Nachbarin konnte das Leid schließlich nicht mehr länger mit ansehen und gab dem Amtstierarzt Bescheid. Dieser wies das Ehepaar freundlich auf den Mißstand hin und gab Tipps zur richtigen Fütterung, handelte sich aber nur die Bemerkung ein, er sei "ein Mensch ohne Herz". Als er nicht von seinem Bemühen um Belehrung abließ, drohten sie ihm damit, seine Praxis "abzufackeln".
Das reichte; das Amtsgericht Augsburg erließ Strafbefehle wegen Tierquälerei, Beleidigung und Bedrohung. Und prompt kamen die Einsprüche. Noch vor dem bereits anberaumten Hauptverhandlungstermin kam es aber zu einem Deal: Einstellung des Verfahrens gegen 80 Sozialstunden, § 153 a I Nr. 1 StPO.

Der Hund ist übrigens jetzt in Pflege. Erraten Sie, wo? Richtig - bei der tierliebenden Nachbarin. Hat 10 Kilo abgespeckt und kann wieder richtig durchschnaufen...

Warum mir das Thema am Herzen liegt? Der Grund ist dieser:

Carlo - der Kanzleihund

 Wir haben ihn als Welpen mit 15 Wochen bekommen - und wir haben widerstanden. Keine Chance für den Bettelkönig.  Auch wenn's schwerfiel. Er dankt es uns mit überschäumender Lebensfreude.

(C) Foto "Dicker Hund": Michel vom Berch  / pixelio.de
(C) Foto Carlo: Ich

Donnerstag, 10. Januar 2013

Kontrollfreaks im Kultladen? - Das "Handbuch für Store-Mitarbeiter" von Abercombie & Fitch

In seinem Prvatjet lässt er sich von atraktiven Stewards bedienen, die FlipFlops und Boxershorts und ein bestimmtes Parfüm tragen und die auf jede seiner Anweisungen mit "No Problem" reagieren müssen. Der Inhaber des Mode-Labels Abercombie & Fitch, Michael Jeffries hat sehr spezielle Vorstellungen von Mitarbeiterführung, die sich in einem sehr konkreten, teils skurrilen Regelwerk für das von ihm beschäfitgte Flugpersonal wiederfinden. Leicht abgeschwächt finden sich solche Regeln auch in einem Handbuch für die Verkaufs-Angestellten seines Konzerns wieder, und diesen Regeln widmet die Abendzeitung München heute eine doppelseitige Veröffentlichung, nachdem zuvor schon die Huffington Post, die Welt und der Spiegel  ausführlich berichtet hatten.
Jeffries Filosofie ist, jungen und attraktiven Menchen von jungem und attraktivem Personal junge und attraktive Klamotten zu verkaufen. Da muss der Gesamteindruck stimmen, und entsprechend detailliert sind die Anweisungen an das Personal im erwähnten 24-seitigen Handbuch, angefangen beim Haarschnitt über Rasur und Make-Up bis hin zur Farbe der Zehennägel. Teils sind die Regeln nachvollziehbar und arbeitsrechtlich unbedenklich. Zum einem guten Teil erzeugen sie aber erhebliches Stirnrunzeln:
  • Immer, wenn ein Mitarbeiter die Geschäftsräume verlässt, muss ein Mitglied des Managements eine "ausführliche" Taschen- und Mantelkontrolle vornehmen.
  • Der gesamte Müll der Filiale muss unter Aufsicht des Managements in durchsichtigen Müllbeuteln entsorgt werden.
  • Trinken während der Arbeitszeit ist verboten.
  • Wer auf die Toilette will, muss sich beim Store-Manager abmelden.
Die Diskussion um die Leibesvisitation von Arbeitnehmern reißt nicht ab und erreichte bereits wegen der von Amazon ergriffenen Maßnahmen im Sommer letzten Jahres einen Höhepunkt.  Nun kommt es hier zu einer Neuauflage. Und wieder agiert ein Unternehmen im rechtlichen Graubereich: Generell ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, dass man sich vor Personal-Diebstahl schützt. Das darf nach überwiegender Meinung aber nicht zu ständigen Komplett-Kontrollen ausarten. Allenfalls Stichproben sind zulässig, ausführliche Kontrollen nur, wenn ein konkreter Tatverdacht besteht.

Das Trinken während der Arbeitszeit zu verbieten, dürfte gar nicht angehen. Wer acht Stunden am Stück im Laden steht und dabei wummernder Discomusik ausgesetzt ist, der braucht Flüssigkeit, um nicht zu dehydrieren. Bei Amazon wurde immer wieder von umkippenden Mitarbeitern und Notarzteinsätzen berichtet - kein Wunder. Das Verbot dürfte wegen Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter nicht wirksam sein.

Und für den Toilettengang die Abmeldung beim Store-Manager vorzuschreiben, ist möglicherweise zwar rechtlich zulässig, aber schlicht unpraktisch. Was soll der arme Kerl denn noch alles erledigen. Er kommt vor lauter Kontrollieren, Abtasten und Überwachen nicht mehr zu seinen Kernaufgaben. Unter normalen Bedingungen sagt man einfach dem Kollegen Bescheid, der dann Auskunft geben kann, wo man verblieben ist.

Eine gesetzliche Regelung der Mitarbeiter-Überwachung steht nach wie vor aus. Ein Gesetzesentwurf des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz aus dem Jahre 2009 verschwand wegen der dann bevorstehenden Bundestagswahl in der Schublade. Die schwarz-gelbe Regierung tut seit 2010 mit einer Änderung des Datenschutzgesetzes herum, ohne wirklich voran zu kommen, vgl die BT-Drucks 17/4230.

Andere Firmen fahren eine bessere Strategie: Wer mit einigermaßen annehmbaren Arbeitsbedingungen bei einigermaßen fairer Bezahlung, verbunden mit regelmäßigen Sonder-Rabatt-Aktionen für Mitarbeiter agiert, dessen Diebstahlsverluste halten sich im durchaus erträglichen Bereich.

(C) Foto: Ich und Du / www.pixelio.de





Mittwoch, 9. Januar 2013

RockerLeaks - die undichte Stelle bei der Polizei in Rheinland-Pfalz

Was, wenn ein deutscher Afghanistan-Soldat die Einsatzpläne der Bundeswehr für  die Region Kundus den Taliban zur Verfügung stellte. Und welchen Aufstand gäbe es, wenn die Taliban wenige Tage später diese Pläne auf ihrer Internet-Seite veröffentlichen würden? Es wäre eine Staatsaffäre.

Und was passiert, wenn irgendjemand aus dem Polizeiapparat ein von einer Bund-Länder-Projektgruppe entwickeltes geheimes 64-seitiges Papier mit taktischen Leitlinien zur Bekämpfung von Rocker-Kriminalität an die Hells-Angels weiterleitet und diese das Schriftstück auf ihre Homepage setzen? So geschehen im Juli 2012.
Es passiert wenig. Man wartet bis zum 20. September (vermutlich wegen der Sommerferien) und stellt dann Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Diese wird zwar erlassen, allerdings vom LG Frankenthal auch umgehend auch wieder aufgehoben. Wenn man sich mit dem Antrag so lange Zeit gelassen habe, sei die Sache vermutlich nicht so eilig, so das Gericht laut Sächsischer Zeitung . So ist das mit der Eilbedürftigkeit des § 937 ZPO: Zwei Monate Tiefschlaf führen einfach zum Rechtsverlust.

Und so dürfen die Hells-Angels das Papier wieder hochladen. Und jeder Interessierte kann sich informieren, wie die Polizei gegen die Rocker bei Razzien und verdeckten Ermittlungen vorzugehen gedenkt.

Wie die Jungs an das vertrauliche Papier gekommen sind? Weiss man noch nicht. Was man aber weiss, ist, dass sie aller Orten bestens vernetzt sind. Im Rockerkrieg in Hannover z.B. wurde der Vergleich zwischen den Hells Angels und den Bandidos in der renommierten Kanzlei Götz von Fromberg geschlossen. Fromberg gibt selbst an, mit dem dortigen Hells-AngelsChef,  Frank Hanebuth befreundet zu sein. Freundschaft verbindet Fromberg übrigens auch mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses sogar noch als Anwalt in Frombergs Räumen residierte.
Fromberg betreibt intensive Beziehungspflege und veranstaltet regelmäßig Parties, bei denen sich die Hannoveraner Prominenz - inklusive Hanebuth - die Klinke in die Hand gibt. Wer dort Zugang hat, kann nicht besser vernetzt sein.
Wie weit sind wir wirklich unterwandert?

Dienstag, 8. Januar 2013

Otto Palandt rotiert im Grabe - zum ersten Mal kommentiert eine Frau!

71 Auflagen lang ist es gelungen, das "justizuntaugliche Geschlecht",  wie Otto Palandt die Frauen in seiner Kommentierung der NS-Justiz-Ausbildungsordnung bezeichnete, aus der Riege der Kommentatoren seines Werkes fernzuhalten, und nun ist es doch passiert.  Ab der 72. Auflage kommentiert Frau RiOLG Dr. Isabel Götz zusammen mit Gerd Brudermüller das BGB-Familienrecht in diesem Werk. Und damit ist auch die letzte große Männer-Bastion im Bereich der deutschen Rechtspflege geschleift. Niedergerissen von einer hochrangigen Familienrechts-Juristin, der Sprecherin des Deutschen Familiengerichtstags, der (Mit-)Autorin zahlreicher weiterer Fachbücher und Fachartikel in NJW, FamRZ, forum familienrecht und etlichen anderen.

Besser hätte es das Werk nicht treffen können. Fröhliches Rotieren, Herr Palandt! Und herzlichen Glückwunsch, Frau Dr. Götz! Ich freue mich auf die regelmäßige Lektüre im Kanzlei-Alltag.

Zur wechselvollen und nicht immer politisch rühmlichen Geschichte des Werkes hier ein Artikel, den die Legal Online Tribune zum 60. Todesstag des Namensgebers veröffentlichte..


Wenn der Lehrer auf dem Schulhof einen Schneeball ins Auge kriegt...

Auf dem Schulhof ist es verboten, eine Schneeballschlacht zu veranstalten. Und was, wenn wir das doch tun? Und unseren Lehrer bombardieren? Und der wehrt sich und wirft zurück? Und wird dann am Auge verletzt? Ist das für ihn dann ein Dienstunfall?
Ja, sagt das Verwaltungsgericht Freiburg und gab der Klage des Lehrers gegen den Unfallversicherer seines Arbeitgebers statt (Urteil vom 04.12.2012, Az. 5 K 1220/1). In einem Bericht des swr heißt es:
"Es sei nachvollziehbar, dass der Lehrer die Schneeballschlacht nicht als Privatsache verstanden habe, sagte ein Gerichtssprecher. Wegen seines guten Verhältnisses zu den Schülern habe er die Schnee-Attacke nicht als böswillig, sondern als Ausdruck der Lebensfreude verstanden. Deshalb habe er sich beteiligt. Anders habe der Pädagoge nicht reagieren können, sonst hätte er sich lächerlich gemacht, hieß es zur Urteilsbegründung.
Das Gericht bezeichnete es zudem als "lebensfremd", wenn das Regierungspräsidium Pädagogen das Werfen von Schneebällen grundsätzlich verbiete."
Wie schön und lebensnah! Man kann nicht alle Risiken dieser Welt durch Verbote neutralisieren.

(C) Foto: erysipel auf www.pixelio.de

Montag, 7. Januar 2013

Paulchen-Panther-Prozess: Strafbare Handlungen direkt vor dem Sitzungssaal - und die Münchener Justiz schaut zu?

Der Paulchen-Panther-Prozess gegen den rechtsnationalen Norman Bordin in München ist bereits anderweit ausreichend abgehandelt worden, vgl. die Berichte bei Burhoff und in der Süddeutschen Zeitung.  "Geschmacklos, aber nicht strafbar" empfand es das Amtsgericht München, dass auf einer Demo “für nationalen Widerstand und deutsche Freiräume” der Song abgespielt wurde, der nur kurz zuvor das menschenverachtende Video der NSU untermalt hatte. Auch wenn Norman Bordin sich noch auf derselben Demo gegen Gewalttaten aussprach, musste doch jedem klar sein, dass er die Taten der NSU "klammheimlich" (so hieß das im linken Spektrum mal im Zusammenhang mits dem Buback-Mord) guthieß. Über den Freispruch kann man streiten. Schwamm drüber.

Allerdings verhielt sich die Münchener Justiz im Umfeld dieses Verfahrens verstörend passiv, als es darum ging, Straftaten innerhalb des Gerichtsgebäudes zu verhindern oder zu verfolgen:
Im Rahmen der Hauptverhandlung testeten nämlich zahlreiche Freunde des Angeklagten aus, wie weit man eine Verhandlung stören und  Journalisten, Pressfotografen und missliebige Angehörige von Opfern angehen kann, ohne eine sitzungspolizeiliche Reaktion des Gerichts zu riskieren. Es gab kommentierende Zwischenrufe, und ein Zuschauer, der sich als Journalist ausgab und sich auf die Pressbank drängte, verschmierte den anwesenden Fotografen die Objekte mit rosa Fettfarbe. Klarer Fall von Sachbeschädigung und eventuell auch von Nötigung. Der Täter konnte sich trotz Protesten der Pressevertreter anschließend entfernen, ohne das die Sitzungswachtmeister seine Personalien feststellten.
Die Äußerungen der bayerischen Justiz dazu sind mindestens unglücklich. Ich zitiere die SZ: “Das Gericht sei ein öffentlicher Raum, zu dem grundsätzlich jeder Zutritt habe, sagte die Sprecherin des Münchner Oberlandesgerichts, Margarete Nötzel. Im Saal ist der Vorsitzende Richter Herr des Geschehens, im restlichen Gebäude der Präsident. Polizeiliche Aufgaben dürften die Justizwachtmeister trotz Hausrecht nicht übernehmen: also auch keinen Störer am Verlassen des Gebäudes hindern und dessen Personalien verlangen. Wer sich angegriffen fühle, müsse sich an die Polizei wenden und Anzeige erstatten."

Entschuldigung, aber das habe ich zwei Sitzungssääle weiter schon ganz anders erlebt. Die Münchener Justiz kann auf Straftaten im Sitzungssaal sehr wohl konsequent und rasch reagieren, wenn sie dazu entschlossen ist: Ich verteidigte vor etlichen Jahren einen Autofahrer, der sich auf der Autobahn ein Rennen geliefert und die ganze Palette an Fahrmanövern aufgeboten hatte, die einen schnurstracks vor den Strafrichter bringen. Sein besonderes Pech: Er wurde von einem Polizeibeamten direkt bei der Tat gesehen, bevor er anschließend flüchtete. Nun behauptete er, seine Frau sei gefahren, und diese trat in den Zeugenstand und bestätigte das sogar. Konsequent die anschließende Vorgehensweise des Staatsanwalts: Er bat um eine Unterbrechung der Sitzung, griff zum Telefon der Protokollführerin und rief die direkt neben dem Gerichtsgebäude befindliche Polizeiinspektion an. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie meine Zeugin von zwei Beamten noch im Sitzungssaal wegen uneidlicher Falschaussage festgenommen wurde.

Und warum bitte schaut man einfach zu, wenn ein Angehöriger der rechten Szene, Journalisten die Kameralinse verschmiert? Und versteigt sich dann noch zu so derart wachsweichen Erklärungen? Selbst wenn die Sitzungswachtmeister tatsächlich keinerlei polizeiliche Befugnisse haben sollten: Ein Festnahmerecht nach § 127 I StPO haben sie in jedem Fall. Täter festsetzen - zum Handy greifen - nebenan auf der Wache anrufen - wäre kein Problem gewesen.

Der Prozess gegen Beate Tschäpe wird ebenfalls in München stattfinden. Wir können gespannt darauf sein, wie die Münchener Justiz mit dem zu erwartenden Verhalten der sympathisierenden Zuschauer umgeht. Aber eigentlich wissen wir es schon. Noch einmal die SZ: "Auch im Saal könne der Vorsitzende Richter nur dann maßregelnd eingreifen, wenn eine Störung den Ablauf der Sitzung gefährde, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins, Walter Groß. Pöbeleien gegen Presse oder Angehörige lägen meist unter dieser Schwelle. Den Aspekt, einen angstfreien Besuch einer Verhandlung zu gewährleisten, kenne die Rechtsprechung noch nicht.” Das wird die Angehörigen der NSU-Opfer enorm motivieren, wenn es darum geht, im Tschäpe-Verfahren als Nebenkläger aktiv zu werden. 

Fazit: Die Einschüchterung ist bereits gelungen. 

Sonntag, 6. Januar 2013

Arbeitswege-Unfall - Hauptsache, das Knie knallt auf die Außentreppe.

Die gesetzliche Unfallversicherung steht auch für Unfälle gerade, die auf dem Weg zur Arbeit passieren. Nur: Wo genau beginnt der Arbeitsweg?
Laut Bundessozialgesetz mit dem Durchschreiten der heimischen Haustür. Und was, wenn genau beim Durchschreiten der Unfall passiert? Zahlt dann die Berufsgenossenschaft?
Der Arbeitnehmer hatte einen Fuß schon über der Schwelle und stand mit dem zweiten noch innen. Plötzlich klemmte die automatisch zufallende Haustür den zweiten Fuß ein; der Arbeitnehmer stürzte und verletzte sich das Knie, das im Außenbereich auf den Boden prallte. Die BG weigerte sich zu zahlen mit der Begründung, die Haustür sei noch nicht vollständig durchschritten gewesen.
Dem wollte das LSG Brandenburg (Urteil vom 20.09.2012, Az.: L 2 U 3/12 )nicht folgen:
"Ein Unfall hat sich schon dann auf dem Weg nach dem Ort der Tätigkeit ereignet, wenn der Sturz im häuslichen Bereich begonnen, der Versicherte sich jedoch erst beim Auffallen vor der Haustür verletzt hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Ursache des Sturzes noch im häuslichen Bereich gelegen hat...Unerheblich ist, dass der Kläger die Haustür nicht aufrechten Ganges passiert und sich die Tür nicht erst hinter ihm geschlossen hat..." Eine andere Beurteilung würde nur "... zu unnötigen Zufälligkeiten..." führen.
Und wieder einmal bot ein Landessozialgericht dem wiehernden Amtsschimmel Einhalt...

Quelle: lto
(C) Foto: Ilka Funke-Wellstein auf www.pixelio.de

Freitag, 4. Januar 2013

"Catch me, if You can" in Frankfurt: Falscher Anwalt verurteilt

Ein Hauch von Leonardo di Caprio durchwehte kurz vor Weihnachten das Amtsgericht Frankfurt. Das Gericht hatte einen Fall von Titelmissbrauch und Urkundenfälschung zu entscheiden, der stark an Steven Spielbergs Kommödie "Catch me, if You can" erinnert:

("Catch me, if You can" - der Trailer)

Ein 39-jähriger (...nennen wir ihn ruhig...) Kollege, hatte wegen extremer Examensangst sein Studium nie zu Ende gebracht, sich aber offenbar sehr brauchbares Wissen angeeignet. Mit gefälschten Abschlusszeugnissen bewarb er sich um einen Job als Anwalt, bekam ihn auch und leistete dort mehr als nur brauchbare Arbeit. Seine Arbeitgeber bestätigten ihm als Zeugen im Strafprozess, er habe ihnen mehr Geld eingebracht, als er gekostet habe.Mithin hat durch das Verhalten des "Kollegen" niemand einen Vermögensschaden erlitten. Die Sache kam nur durch einen anonymen Hinweis auf, auf den hin die Ermittlungen eingeleitet wurden, die zum jähen Karriere-Ende des doch eigentlich fähigen Rechtsvertreters führten.
Das Amtsgericht urteilte: 12 Monate auf Bewährung und 2.000,00 €Geldbuße.

Erhebt sich noch die Frage, was mit den Landgerichtsprozessen geschieht, die der nicht postulationsfähige Kollege geführt hat, vgl. § 78 ZPO. Die einschlägige Kommentar-Literatur gibt wenig dazu her. Konsequent fertig gedacht dürften sich aber wohl kaum Probleme ergeben. Von ihm gestellte Anträge waren unwirksam. Wenn das Landgericht trotzdem ein Urteil fällte, war dieses zwar unrichtig. Wurde es aber rechtskräftig... dann bleibt es auch dabei ;-)

Donnerstag, 3. Januar 2013

FDP will noch in dieser Legislaturperiode die Steuerklasse V abschaffen.

"Am liebsten noch in dieser Legislaturperiode" will die die FDP die Steuerklasse V abschaffen. Oder aber, wenn das nicht geht, mit dem Thema gern Wahlkampf machen. Populismus pur! Ohnehin wäre das nur ein kleiner Schritt zur gerechteren Besteuerung von zusammenlebenden Partnern. Wesenlich weiter geht der Vorschlag der Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Universität Bonn, Prof. Dr. Nina Dethloff, die das Ehegattensplitting durch ein Familiensplitting ersetzen will. Ausgangspunkt der Steuervergünstigung sind dabei Kinder in der Familie:
"Entscheidend ist, dass in einer Gemeinschaft Kinder aufwachsen. Deshalb sollte das Einkommensteuerrecht Gemeinschaften mit Kindern entsprechend ihrer zusätzlichen Belastung finanziell entlasten..."
so Dethloff im - lesenswerten - Interview mit der Legal Online Tribune.

Natürlich ist das absolut sinnvoll. Es entspricht auch der ursprünglich Intention des Gesetzgebers, der sich in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts das Ehegattensplitting hat einfallen lassen. Damals wurde der Eheschluss steuerlich belohnt - mit dem gedanklichen Hintergrund, dass in diesen goldenen alten Zeiten aus praktisch jeder Ehe auch Kinder hervorgingen. Denn die Kirchen waren allmächtig und die Pille war noch nicht im Handel. Inzwischen ist das nicht mehr so, und deswegen wird es höchste Zeit, das Steuerrecht hier nachzujustieren.

Dass sich die FDP auch diesen Vorschlag zu eigen machen wird, ist kaum zu erwarten: Nachdem sie von der Partei des Liberalismus zur Partei der Besserverdienenden mutiert ist, muss sie in erster Linie auf die Vertretung ihrer Klientel bedacht sein. Und die Mehrzahl der Besserverdienenden Paare sind nunmal das, was der Amerikaner "DINKs" nennt: Double income - no kids.
Und wenn die FDP diese Klientel um ihre Steuervorteile bringen würde, dann dürften ihre Wahlergebnisse in nächster Zeit auf homöopathische Größenordnungen abschmelzen.

Die Frage ist, ob das so schlecht wäre. Diese Partei wird eigentlich dringend gebraucht, ist aber in ihrem derzeitigen Zustand unbrauchbar. Sie muss sich zunächst einmal - unsere Justizministerin ausgenommen - personell und programmatisch wieder erneuern, bevor man mit ihr wieder rechnen kann.

(C) Foto: Martin Berk  / pixelio.de

Mittwoch, 2. Januar 2013

Der Junganwalt und die Work-Life-Balance...

Ich erinnere mich noch gut an die schaurigen Zeiten, meines (zweiten) Jobs in einer renommierten Münchener Anwaltskanzlei. Da gab es tatsächlich einige Tage im Jahr, an denen man eher heim durfte - nämlich Heilig Abend und Silvester. Und zwar etwa gegen 16:00 Uhr. Allerdings wurde einem das Versprechen abgenommen, am ersten Feiertag und an Neujahr um 11 Uhr vormittags wieder am Schreibtisch zu sitzen - egal, mit welchen Rändern unter den Augen!
Die übrigen 363 Tage im Jahre waren Vollzeit-Tage: Beginn unter der Woche um 8:00 Uhr früh, Ende 20:30 bis 22:00 Uhr. Samstag/Sonntag Beginn 10:00 Uhr, Ende 18:00 bis 20:00 Uhr. Und danach des öfteren mit dem großen Boss noch einen Trinken gehen.
Das Wort Urlaub: Aus dem Sprachschatz gestrichen. Krank: gabs nicht. Gehalt: 1984 bis 1986 monatlich 3.000,00 DM brutto. Weihnachtsgeld 200,00 DM. Name der Kanzlei: Wird hier verschwiegen. Es gibt sie auch in dieser Konstellation nicht mehr.

Diese Arbeitszeit-Usancen scheinen sich allmählich zu ändern, wie ein Artikel in der Legal-Online-Tribune zeigt. Mehr und mehr Junganwälte geben zu, Familie zu haben und mit dieser auch tatsächlich Zeit verbringen zu wollen. Und ganz langsam scheint Bewegung in die Arbeitszeitpolitik der Großkanzleien zu kommen. Man lebt immer weniger, um zu arbeiten, und arbeitet immer öfter, um zu leben. Und das offenbar, ohne deswegen Mandanten zu verlieren...

Ich gönne es jedem Berufsanfänger, wenn er sich da durchsetzen kann.