Sonntag, 31. August 2014

OLG Frankfurt - Kinder nicht zur Schule geschickt: Kein Entzug der elterlichen Sorge!

Die Eltern waren streng religiös und schickten ihre 4 Kinder im Alter von 8-15 Jahren deshalb nicht in eine Regelschule. Sie unterrichteten sie selbst zuhause. Dieses Verhalten verstößt natürlich gegen die in Deutschland obligatorische Schulpflicht. Das Amtsgericht Darmstadt entzog den Eltern deshalb das Sorgerecht für die Kinder.
Das OLG Frankfurt (Aktenzeichen 6 UF 30/14 vom 28. 8. 2014) hob die Entscheidung jedoch wieder auf. Es billigte das Verhalten der Eltern zwar nicht, überzeugte sich jedoch durch eine "Lernstandserhebung" davon, dass die Kinder keinen Besorgnis erregenden Bildungsrückstand hätten. Ihre Sozialkompetenz sei ebenfalls nicht eingeschränkt. Die Eltern kümmert sich sonst sehr um ihre Kinder. Die Kinder wiederum hingen auch sehr an ihren Eltern.
Hiersah das OLG keinen Grund für einen Sorgerechtsentzug: Zwar verstoßen di Elterngegen geltendes Recht; der Verstoß hat aber unmittelbar keine sochen Nachteile für die Kinder zur Folge, dass man bei einer Rechtsgüter-Abwägung zu einem Entzug der Sorge kommen müsse.

Unabhängig davon machen sich die Eltern natürlich strafbar. Die einschlägigen Schulgesetze der Länder sehen für Eltern, die sich weigern, ihre Kinder zur Schule zu schicken, Geldstrafe und Freiheitsstrafen vor, im vorliegenden Falle das hessische Schulgesetz eine Freiheitsstrafe bis zu  6 Monaten. Ein Strafverfahren wird auf die Eltern also zukommen.

Quelle: Beck-Aktuell
(C) Foto: flickr / IowaPolitics.com | CC-BY-SA 2.0

Samstag, 30. August 2014

Fall Edathy - BVerfG: Auch, wenn sich der Beschuldigte rechtmäßig verhält , darf die Strafverfolgungsbehörde von einem Anfangsverdacht ausgehen.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Abgeordneten Sebastian Edathy gegen die Durchsuchung seiner Wohnräume und seiner Mail-Postfächer jetzt zurückgewiesen.
Edathy, der im Internet Nacktfotos junger Männer bezogen hatte, die nicht pornografischer Natur waren, hatte sich gegen die Hausdurchsuchung ebenso gewendet wie gegen die Durchsuchung seiner EMail-Postfächer. Wer sich Fotos diesen Inhalts besorge, bei dem bestehe grundsätzlich auch Anlass zur Annahme und damit ein Anfangsverdacht dahingehend, dass er sich auch mit Kinderpornografie eindecke, so die zuständige Staatsanwaltschaft und das Gericht, dass die Beschlüsse gegen Edathy erließ.

Dem folgte letztlich auch das BVerfG (Beschluss vom 15.08.2014, Az.: 2 BvR 969/14). Auch der Bezug nicht strafrechtlich relevanten Materials könne zu einem Anfangsverdacht führen, "...wenn weitere Anhaltspunkte hinzutreten".  Das sei hier der Fall. Bei den von Edathy bezogenen Bildern handele es sich um "... Darstellungen «vermeintlicher» Alltagssituationen mit selbstzweckhaften Fokussierungen auf Geschlechtsteile ohne einen erkennbaren Handlungskontext". Damit seien die Bilder zumindest in den Grenzbereich zu kinderpornografischen Darstellungen einzuordnen und damit dürfe auch rechtsfehlerfrei ein Anfangsverdacht geschöpft werden, der zum Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen berechtige.

Quelle und weitere Informationen: Pressemeldung des BVerfG und  Beck Aktuell.

(C) Foto blu-news.org via http://www.flickr.com/photos/95213174@N08/12476960065/ unter cc-by-sa-2.0 - Linzenz.

Freitag, 29. August 2014

Trennen sich zwei Eheleute, sind gemeinsame Konten im Zweifel hälftig aufzuteilen.

Nur zwei Tage, nachdem sich die polnischen Eheleute getrennt hatten, räumte die Ehefrau dass in Polen existierende gemeinsame Konto komplett ab, um sich Möbel und Elektrogeräte für Ihre neue Wohnung zu kaufen.

Das wollt ihr das Oberlandesgericht Bremen so nicht durchgehen lassen.
An gemeinsamen Konten seien die Eheleute auf gemeinsam berechtigt. Deswegen steht Ihnen das Guthaben auf einem solchen Konto auch gemeinsam zu, d.h. durch. Jeder bekommt die Hälfte. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus den Umständen etwas anderes ergibt, etwa, wenn das Konto eingerichtet wurde, um mit dem Kontoguthaben eine gemeinsame Schuld zu begleichen. Das kann auch der Fall sein, wenn das Konto in den "guten Zeiten" eingerichtet wurde, um ein Polster für notwendige Anschaffungen zu bekommen und wenn sich ein Ehegatte jetzt maßvoll nimmt, um beispielsweise Schulranzen oder andere dringend notwendige Anschaffungen für die Kinder zu kaufen.
Das ist aber nach dem Oberlandesgericht Bremen jedenfalls nicht der Fall, wenn man sich trennt und sich einer der beiden Eheleute vom Konto bedient, um sich neu einzurichten.

(Beschluss vom 03.03.2014 - 4 UF 181/13 = BeckRS 2014, 05636)




© Foto Jorma Bork  / pixelio.de

Donnerstag, 28. August 2014

Streiks bei Bahn und Fluggesellschaften: Kein Schadensersatzanspruch für Reisende



Werden die Bahn oder Fluggesellschaften bestreikt, bleibt dem Reisenden, der mit dem Ticket in der Tasche am Flughafen oder Bahnhof strandet, eigentlich nur eins:  Geduldig abzuwarten.
Denn Schadenersatz verlangen oder eine Reiserücktrittsversicherung in Anspruch nehmen, kann der Reisende nicht. Der Bundesgerichtshof hat’s zementiert: Streiks sind „außergewöhnliche Umstände“ , und die wiederum werden gleich behandelt wie „höhere Gewalt“ . Das bedeutet:  Transportunternehmer müssen dem Kunden keinen Schaden ersetzen, auch der Versicherungsfall tritt  nicht ein.
 Immerhin zwei Möglichkeiten hat der von diesen „Umständen“ betroffene Reiselustige:
Er kann seine Fahkarte am Schalter zurückgeben und die Bahn / Fluggesellschaft muss den Reisepreis komplett erstatten –  ohne Stornogebühren zu verlangen.
Oder: Er kann darauf bestehen, dass dafür gesorgt wird, ihn irgendwie anders an sein Reiseziel zu bringen.
Trotz aller Warterei und aller Umstände dürfte das in den meisten Fällen der beste Weg für streikgeplagte Reisfüchse sein. Denn: Fluggesellschaften – und im Zweifel auch die Bahn  -  haben einfach die besseren Möglichkeiten, einen solchen Ersatztransport in die Tat umzusetzen. Außerdem  dürfte die selbst organisierte Fahrt zum Ziel meistens teurer sein als das ursprünglich gebuchte Reiseticket.


(C) Foto:  Aero Icarus  Flickr Lizenz CC BY-SA 2 0

Donnerstag, 14. August 2014

Dashcams dürfen zu Beweiszwecken im Straßenverkehr nicht verwendet werden.

Er fühlte sich ständig von anderen Verkehrsteilnehmer genötigt, die dicht vor ihm in seine Spur hinein schnitten oder ihn durch ihre Fahrweise sonst behinderten. Deshalb beschloss ein deutscher Rechtsanwalt, eine private Aktion gegen solche Autofahrer zu starten. Er installierte auf dem Armaturenbrett seines Wagens einen Camcorder, der ständig den Verkehr vor dem Wagen des Anwalts aufzeichnete. Anhand dieser Aufzeichnungen zeigte der Anwalt dann insgesamt 22 Autofahrer wegen Verkehrsdelikten bei der Polizei an. In 5 Fällen stellte er seine Dashcam- Aufnahmen der Polizei zur Verfügung.

An dieser Vorgehensweise nahm das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht Anstoß. Es verbot dem Anwalt, eine Dashcam zur Aufzeichnung von Verkehrsverstößen anderer Verkehrsteilnehmer einzusetzen. Die Behörde sah darin einen Verstoß gegen deutsche Datenschutzvorschriften, eine Einschätzung, die übrigens von nahezu allen deutschen Datenschutzbehörden geteilt wird.

Gegen diese Entscheidung klagte der Anwalt vor dem Verwaltungsgericht Ansbach. Das Gericht gab der Behörde Recht: Grundsätzlich seien die Datenschutzinteressen der heimlich gefilmten Autofahrer höher zu bewerten als das Interesse des Anwalts an einen Videobeweis für den Fall eines Unfalls, stellte die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts fest. Das Gericht machte aber auch deutlich, dass sich der Gesetzgeber mit dem Problem befassen müsse. Es müsse überprüft werden, ob die geltenden Datenschutzbestimmungen noch auf Auto-Camcorder passen oder ob das Datenschutzgesetz ergänzt werden muss.

Trotzdem hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Datenschutzbehörde auf, allerdings nur wegen eines Formfehlers: Der Verbotsbescheid sei nicht ausreichend eindeutig formuliert gewesen. Er habe beispielsweise nicht die genaue Martin-Typenbezeichnung des vom Anwalt verwendeten Camcorders enthalten.
Entscheidung: VB Ansbach vom 12.8.2014, Az.: 4 K 13.01634

Quelle: http://beck-aktuell.beck.de/news/vg-ansbach-dashcam-einsatz-zur-erlangung-eines-videobeweises-datenschutzrechtlich-unzul-ssig

Update 18.8.2014: Auch das Amtsgericht München ist nun derselben Rechtsansicht:
http://beck-aktuell.beck.de/news/ag-m-nchen-dashcam-aufnahmen-im-zivilprozess-nicht-als-beweismittel-verwertbar