Dass das Problem damit aber nicht aus der Welt ist, sondern sich eher verschärft, darauf weisen Lampmann und Biesterfeld in einem Artikel der Legal-Online-Tribune vom 16.11.2012 hin. Sie unterziehen auch das Urteil selbst einer kritischen Würdigung:
- Zunächst einmal verwerfe der BGH den guten alten Grundsatz: "Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser". Nur bei mindestens stichprobenartiger Kontrolle greifen ja bekanntlich Erziehungs-Weisungen und -Maßregeln. Eltern von jeglicher Kontrollverpflichtung freizustellen (es sei denn, es gibt konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten), gehe daher nicht an.
- Wie verfehlt das Urteil sei, könne man ersehen, wenn man das vom BGH postulierte Prinzip auf andere Sachverhalte anwende: "Ein wenig polemisch formuliert: Können Eltern sich fortan auch dann exkulpieren, wenn ihr Kind CDs stiehlt oder ein Haus anzündet, sofern sie nachweisen können, dass sie es zuvor darüber belehrt haben, dass das verboten ist?"
- Es liege - so Lampmann und Biesterfeld weiter - auf der Hand, dass die Karlsruher Richter dies nicht zum Ausdruck bringen wollten. "Warum sie gerade bei Rechtsverletzungen im Internet bloß eine einfache Belehrung ohne Kontrollmechanismus ausreichen lassen möchten, erschließt sich nicht".
Dazu kommt noch - und darauf weisen Lampmann und Biesterfeld ebenfalls hin -, dass Kinder unter sieben Jahren sich kaum mit Filesharing beschäftigen werden, Kinder ab sieben Jahren aber deliktsfähig sind und dann für ihr Handeln haftbar gemacht werden dürfen, wenn sie "bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht" haben.
Und nachdem sich die Eltern ja gerade mit dem Argument aus der Haftung winden, sie hätten ihre Kinder entsprechend belehrt, wird man gegen eine Kinder-Haftung in diesen Fällen schlecht etwas einwenden können.
Kommt es also jetzt zu massenhaften Klagen gegen Kinder? Auszuschließen ist das nicht. Denn hinnehmen kann man massenhaftes Filesharing auch nicht: Die Künstler wären neben der Musikindustrie dann diejenigen, die draufzahlen.
Es bleibt also spannend, und das Thema ist alles andere als erledigt.
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"Können Eltern sich fortan auch dann exkulpieren, wenn ihr Kind CDs stiehlt oder ein Haus anzündet, sofern sie nachweisen können, dass sie es zuvor darüber belehrt haben, dass das verboten ist?"
AntwortenLöschenHaben Sie über dieses Argument mal ernsthaft nachgedacht?
Weder gibt es normalerweise eine Verpflichtung für Eltern, ihre 13-jährigen(!) Kinder beim Einkauf in den CD-Laden zu begleiten und zu kontrollieren, noch sind die Eltern dafür haftbar, wenn die Kinder trotz entsprechender Ermahnung eine CD mitgehen lassen. Das gleiche gilt für Brandstiftung und ähnliche Delikte - eine Haftung der Eltern besteht in der Regel in diesem Alter nicht mehr, die Kinder sind alt genug, um selbst für ihre Taten einzustehen.
"Kommt es also jetzt zu massenhaften Klagen gegen Kinder? Auszuschließen ist das nicht. Denn hinnehmen kann man massenhaftes Filesharing auch nicht: Die Künstler wären neben der Musikindustrie dann diejenigen, die draufzahlen."
AntwortenLöschenWo genau ist es denn erwiesen, das ein Künstler oder die Musikindustrie bei Filesharing tatsächlich draufzahlt?
Würde ein Kind welches nicht in Tauschbörsen shart (so viele werden das eh nicht mehr sein) sich die evtl.geladene Musik kaufen?
Ich weiß gar nicht, wie das, was sich manche Filesharing-Gegner vorstellen, im Einklang mit den Strafgesetzen stehen soll.
AntwortenLöschenHaben Kinder kein Recht auf eine abhörfreie Kommunikation, bzw. in welchem Absatz steht, dass die Aufzeichnung oder der Eingriff in Kommunikationsvorgänge nur deshalb nicht strafbar, weil es sich um Angehörige des gleichen Haushalts (Haushalt deswegen, um Patchwork-Situationen mit einzubeziehen) handelt?
Massenhafte Klagen gegen Kinder kann es im Übrigen nur in Ein-Kind-Haushalten geben...
Und das Risiko trägt glücklicherweise die Abmahnindustrie.