Mittwoch, 13. Februar 2013

Strafe für Koma-Saufen: Eltern zahlen für Ihre Kinder!

So die aktuelle Forderung, mit der der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn heute auf sich aufmerksam macht:
Aktueller Anlass: Der Karneval und der damit verbundene erhöhte Alkoholkonsum. Grundsätzlicher Anlass: Das statistische Bundesamt hat mitgeteilt, dass das Koma-Saufen bei den Jugendlichen wieder im Vormarsch ist. Im Jahre 2011 wurden 26.349 Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär in einem Krankenhaus behandelt( vgl den heutigen Bericht auf tagesschau.de).
Spahn will dagegen vorgehen - was ja lobenswert ist. Sein Lösungsansatz ist aber vorsichtig ausgedrückt diskussionswürdig. Er lautet wie folgt:
  • Wer ist schuld daran, dass Kinder saufen? Die Eltern, weil sie nicht aufpassen.
  • Was tun wir dagegen? Wir bestrafen die Eltern, indem wir sie verpflichten, zu den Behandlungkosten 100 € dazu zu zahlen. 
  • Dieser Denkzettel wird sie an ihre Verantwortung erinnern und dazu veranlassen, in Zukunft besser aufzupassen.
 Entschuldigung, Herr Spahn, aber das ist unter Ihrem Niveau! Konnte sich bisher Ihre Vita durchaus sehen lassen und nötigt sie einem geradezu Hochachtung ab, ist dieser Vorstoss aber nun wirklich Populismus pur. Schauen Sie doch mal auf die Realitäten: 
  • Wenn - wie in München - eine Familie zwingend doppelt verdienen muss, um sich die örtlichen Mieten überhaupt noch leisten zu können - wie lange und oft ist denn dann noch jemand zu Hause, um auf die Kids aufzupassen?
  • Und wenn jede zweite Ehe während der ersten fünf Jahre geschieden wird und das aktuelle Unterhaltsrecht und eine rigide Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte auch die kinderbetreuenden Elternteile zwingt, möglichst rasch wieder möglichst viel zu arbeiten - wie lange und wie oft ist denn dann noch jemand zu Hause, um auf die Kids aufzupassen?
  • Und die Zukunftsangst - sie greift um sich. Keiner von den Kids hat mehr die lockere Grundeinstellung, dass "alles schon werden wird". Alle machen sich Gedanken, wie sie denn in Zukunft klarkommen und ob sie das alles schaffen. Wo es doch schon die Politiker und die anderen Erwachsenen nicht auf die Reihe kriegen.
Unsere Kids leben also in einem gesellschaftlichen Umfeld, das ein Fluchtverhalten generell nahelegt. Und Fluchtwege gibt es viele: Online-Welten, Drogen, Alkohol, Gewalt, Neonazi werden,  etc. etc. Den Fluchtweg suchen sich die Kids, ohne zu Fragen, und häufig haben die Eltern nicht wirklich eine Chance der Einflussnahme. Alkohol z.B. ist an jeder Ecke zu kriegen. Auch für Kids unter 18. Die müssen für ihre Tagesration nur einen 18-jährigen vorschicken. Und wie geschickt man Alkoholkonsum kaschieren kann, ohne dass die Familie was merkt, ist allgemein bekannt.

Und da meinen Sie, dass hundert Euro Strafe für die Eltern die Welt verändern? Bitte seien Sie so gut, denken Sie nochmal drüber nach und lassen Sie sich was Besseres einfallen.

Oder - vielleicht doch nicht. tagesschau.de hat über Ihren Vorschlag online abstimmen lassen. Repräsentativ ist die Umfrage zwar nicht, aber am 13.02.2013 hatte sie um 12:35 folgendes Zwischenergebnis:


Ihr Populismus funktioniert also. Warum eigentlich nochmal nachdenken...?

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