Der Mieter hatte wegen Mängeln an der Wohnung die Miete gemindert. Der Vermieter bediente sich wegen der fehlenden Miete einfach aus der Kaution und forderte die Mieter auf, das Kautionskonto wieder aufzufüllen. Dabei bezog er sich auf eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, nach der er berechtigt war, auch schon während des Laufs des Mietverhältnisses auf die Kaution Zugriff zu nehmen.
Dass das nicht gehen kann, liegt auf der Hand. Denn der Vermieter ging mit dieser Vorgehensweise einfach einre Auseinandersetzung über eventuell bestehende Mängel aus dem Weg. Eine solche Vorgehensweise würde das Recht des Mieters zur Mietminderung aushebeln.
So entschied jetzt auch der BGH - allerdings mit anderer, ebenso überzeugender Begründung. In seiner Entscheidung VIII ZR 234/13 (hier die Pressemitteilung) stellte er fest, dass der Vermieter nicht berechtigt war, die Kaution während des laufenden Mietverhältnisses wegen der von der Mieterin bestrittenen Mietforderungen in Anspruch zu nehmen. "Das Vorgehen des Beklagten widerspricht den im § 551 Abs. 3 BGB zum Ausdruck gekommenen Treuhandcharakter der Mietkaution. Gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB hat der Vermieter ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Insolvenz des Vermieters ungeschmälert zurückerhält, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die hiervon zum Nachteil der Klägerin abweichende Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag ist deshalb gemäß § 551 Abs. 4 BGB unwirksam".
Mittwoch, 7. Mai 2014
Freitag, 2. Mai 2014
Freihandelsabkommen mit den USA - erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat - "Sieg über das Gesetz"!
In einem ausführlichen Artikel im Feuilleton ("Sieg über das Gesetz") setzt sich heute, am 2.5.2014 die Süddeutsche Zeitung mit den Gefahren des Freihandelsabkommens mit den USA und ähnlichen Vereinbarungen auseinander.
Wem zum Lesen des SZ-Artikels und dieses Blog-Beitrags die Zeit fehlt, kann sich auch in diesem "Pelzig"- Video auf die Schnelle schlau machen.
Für alle anderen. Der SZ-Artikel schildert kurz zusammengefaßt:
Vereinbarungen wie das Freihandelsabkommen sehen für den jeweiligen ausländischen Investor, also z.B. für einen in Deutschland investierenden ausländischen Großkonzern vor, dass existierende günstige rechtliche Standards für seine Kapitalanlage beibehalten werden und sehen einen Schadenersatz für den Investor vor, falls diese Garantie verletzt wird. Um diesen Anspruch durchzusetzen, braucht der Investor nicht mehr vor nationale, ordentliche Gerichte ziehen, sondern darf ein Schiedsgericht anrufen. Dessen Urteile sind unanfechtbar und direkt vollstreckbar.
Kommt das Freihandelsabkommen zustande, gelten diese Regeln in Zukunft auch zwischen den USA und der EU- und das hat unabsehbare Folgen, wie die nähere Vergangenheit eindrücklich gezeigt hat: Investoren sind nämlich im Rahmen des Geltungsbereichs davor geschützt, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen so änderen, dass sich der Wert ihrer Anlage mindert. Das aber bedeutet, so die Süddeutsche Zeitung, "... dass sich der vertragsschließende Staat seiner gesetzgeberischen Freiheit und gesellschaftlichen Verantwortung begibt - vor allem auf den besonders empfindliehcne Gebieten des Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutzrechts. Denn das sind die Politikbereiche, die die Profiabilität von Kapitalanlagen am ehesten tangieren". Und dort, wo solche bilateralen Abkommen bereits existieren, hat die Industrie keine Zurückhaltung, Staaten für ihre Reformgesetzgebung hemmungslos abzustrafen:
Uruguay hat den Nichtraucherschutz verschärft und das Rauchen in der Öffentlichkeit weiträumig verboten. Philipp-Morris hat im Vertrauen auf ungebremsten weiteren Tabakkonsum in Fabriken in Uruguay investiert und macht nun Schadensersatz in Höhe von zwei Milliarden Dollar geltend: Die Produktionsanlagen seien durch die neuen Gesetze entwertet. Das Gleiche versucht Philipp Morris auch in Australien.
Und Deutschland hat es wegen seines Atomausstiegs mit einer vier-Milliarden-Klage des schwedischen Kernkraftbetreibers Vattenfall zu tun.
"Das Corporate Europe Observatory berichtet, dass im Jahr 2011 weltweit rund 450 Investmentschutzklagen von solchem Kaliber anhängig waren, womit sich ihre Anzahl seit Mitte der Neunzigerjahre verzehnfacht hätte", berichtet die Süddeutsche.
Zur Folge hat das, dass die beteiligte Staaten einen gut Teil ihres Gestaltungsspielraums und damit ihrer Souveränität zugunsten der Industrie aufgeben. Soziale Errungenschaften und Umweltschutz werden verstärkt an drohenden Schadensersatzansprüchen scheitern.Und das ist nicht einmal justitiabel. Denn über Klagen der Industrie entscheiden ja nicht die ordentlichen Gerichte, sondern internationale Schiedsgerichte, die übrigens laut SZ nicht mit Richtern, sondern mit "Branchenanwälten" besetzt sind, die von beiden Parteien ausgewählt werden. Wobei sind in den letzten Jahren ein Kreis von nur 15 Anwälten herausgebildet hat, die weltweit über die Hälfte dieser Streitigkeiten, bei Schadenssummen über vier MilliardenDollar sogar über 3/4 aller Falle entscheiden. So wird die Sache für alle Beteiligten vorhersehbar: "Planungssicherheit" nennt man so was.
Wem das wie mir nicht behagt, der kann eine der Petitionen gegen das Abkommen unterschreiben, z.B.
http://www.taz.de/Petition-gegen-Freihandelsabkommen/!134777/
http://www.tagesspiegel.de/politik/campact-widerstand-gegen-freihandelsabkommen-mit-den-usa-waechst/9634288.html
Donnerstag, 1. Mai 2014
Ab heute: Höhere Bußgelder - Neues Punktesystem
Ich weiss: Sie haben es rauf und runter schon gelesen und wissen Bescheid... Wirklich? Also hier wär nochmal ein Informationsfilmchen der Süddeutschen Zeitung zum Thema - für den, der's nochmal wissen möchte. Das Wichtigste rund um die neuen Bußgelder und ums neue Punktesystem.
Viel Spaß beim Anschauen
(C) Foto: Thorben-Wengert on pixelio.de
Viel Spaß beim Anschauen
(C) Foto: Thorben-Wengert on pixelio.de
Donnerstag, 24. April 2014
AG Hannover: Wenn der Muezzin zum Gebet ruft, dann ist das keine Reisemangel
Der Kläger hatte eine Flug-Pauschalreise mit All-Inclusive-Leistungen in die Türkei gebucht. In der Nähe des Hotels befand sich eine Moschee. Vom Minarett aus rief der Muezzin über Lautsprecher mehrmals täglich, beginnend ab 6:00 Uhr morgens die Gläubigen zum Gebet auf. Nach Ansicht des Klägers sei dies eine Lärmbelästigung und deshalb ein Reisemangel, der ihn zur Reisepreisminderung berechtige.
Dem folgte das Amtsgericht Hannover nicht: Wer in die Türkei in Urlaub fahre, müsse immer damit rechnen, akustisch wahrzunehmen, dass der Muezzin zum Gebet rufe. Es handele sich dabei um ein landestypisches Geräusch, ähnlich wie das Geläut der Kirchenglocken in Deutschland.
Das Amtsgericht wies die Klage ab.
AG Hannover, Urteil vom 11.04.2014 - 559 C 44/14
ähnlich auch AG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2008, BeckRS 2014, 03347
Dem folgte das Amtsgericht Hannover nicht: Wer in die Türkei in Urlaub fahre, müsse immer damit rechnen, akustisch wahrzunehmen, dass der Muezzin zum Gebet rufe. Es handele sich dabei um ein landestypisches Geräusch, ähnlich wie das Geläut der Kirchenglocken in Deutschland.
Das Amtsgericht wies die Klage ab.
AG Hannover, Urteil vom 11.04.2014 - 559 C 44/14
ähnlich auch AG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2008, BeckRS 2014, 03347
Donnerstag, 17. April 2014
OLG München zur Betriebsgefahr: Ein Quad ist gefährlicher als ein Auto
Ereignet sich ein Unfall zwischen zwei PKWs und lässt sich die Schuldfrage nicht klären, führt dies über die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zu einer hälftigen Haftungsteilung. Anders ist es, wenn am Unfall ein Quad beteiligt ist. Bleibt hier die Schuldfrage offen, haftet das Quad allein, so hat es jetzt das OLG München entschieden (Entscheidung vom 17. September 2013 (AZ: 10 U 2166/13).
Begründung: Ein Quad ist auch ohne Fahrfehler besonders gefährlich., Daher kann die Mithaftung des Autofahrers bei einem Unfall mit einem Quad völlig entfallen. Ein Quad sei beispielsweise bei erlaubter, aber riskanter Fahrweise instabiler und verfüge über kein ABS. Seine technischen Besonderheiten lassen die Betriebsgefahr von Autos lt. OLG München in solchen Fällen völlig in den Hintergrund treten.
© Foto Steffen Fleck / www.pixelio.de
Begründung: Ein Quad ist auch ohne Fahrfehler besonders gefährlich., Daher kann die Mithaftung des Autofahrers bei einem Unfall mit einem Quad völlig entfallen. Ein Quad sei beispielsweise bei erlaubter, aber riskanter Fahrweise instabiler und verfüge über kein ABS. Seine technischen Besonderheiten lassen die Betriebsgefahr von Autos lt. OLG München in solchen Fällen völlig in den Hintergrund treten.
© Foto Steffen Fleck / www.pixelio.de
Donnerstag, 23. Januar 2014
Achtung! Ab dem 22.01.14 neues PKH-Formular verwenden. Das neue Formular gibt's hier!
Wußten Sie, dass es eine „Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfeformularverordnung PKHFV)“ gibt? Es gibt sie, und sie hat tatsächlich dieses Ungetüm von einem Namen.
Und in Ihr hat der Gesetzgeber bestimmt, dass für die Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des Antrags auf Prozess-bzw. Verfahrenskostenhilfe ein neues Formular zu verwenden ist. Diese Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt am 21. Januar 2014 verkündet und trat am Tage nach ihrer Verkündung, also am 22. Januar 2014 in Kraft. Ab diesem Tage dürfen also nur noch die neuen Formulare für die Prozess-bzw. Verfahrenskostenhilfe verwendet werden. Wer nach diesem Termin noch einen Antrag unter Zuhilfenahme des alten Formulars gestellt hat, muss sicherheitshalber das neue Formular nachreichen. Denn nach § 117 IV ZPO ist ein Prozess-bzw. Verfahrenskostenhilfe Antrag nur wirksam gestellt, wenn das richtige Formular vollständig ausgefüllt beigefügt ist. Das neue Formular finden Sie z.B. hier.
Freitag, 10. Januar 2014
Wulff-Prozess - Zwischenfrage: Wieso zum Kuckuck verjähren Korruptionsvorwürfe gegen Glaeseker?
Wer in Verkehrsstrafsachen oder in Angelegenheiten betreffend Ordnungswidrigkeiten verteidigt, weiß, welche Anstrengungen Polizei und Staatsanwaltschaft unternehmen, um die Verjährung auch kleinster Delikte tunlichst zu vermeiden. Da werden zur Unterbrechung der Verjährung notfalls irgendwelche wenig sinnvollen Ermittlungshandlungen getätigt oder irgendwelche Registeranfragen gehalten, um zu verhindern, dass der Angeklagte oder Betroffene straffrei davon kommt - so läßlich seine Verkehrssünde auch gewesen sein mag. Denn es geht ums Prinzip und um gleiche Gerechtigkeit für alle. Und deshalb ist wenig dagegen einzuwenden.
Nun lese ich heute auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung, mögliche Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Wulf-Prozess gegen Olaf Glaeseker seien mit Ende des Jahres 2013 verjährt. Das jedenfalls hat Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer mitgeteilt. Irgendwelche Worte, warum es dazu kommen konnte und wieso er das nicht verhindert hat, verliert der Oberstaatsanwalt nicht. Im Gegenteil: Die Tatsache scheint ihm gelegen zu kommen. Denn bisher hat sich Olaf Glaeseker im Hinblick auf die Gefahr, sich wegen dieser Korruptionsvorwürfe selbst belasten zu können, geweigert, im Wulf-Prozess auszusagen. Nun kann er sich nicht mehr weigern, und die Staatsanwaltschaft bietet ihn - nahezu triumphierend - jetzt als weiteres Beweismittel im Verfahren gegen den Ex-Bundespräsidenten vor Gericht an und verhindert damit das rasche Ende des Verfahrens.
Es ist das gute Recht jedes Prozessbeteiligten, bei der Wahl seiner Mittel nicht heikel zu sein, wenn er in die Enge getrieben wird. Und wer behauptet, die Staatsanwaltschaft Hannover sei in die Enge getrieben, der untertreibt noch gewaltig. Im Prinzip ist mit dem Stand von Ende 2013 die Anklage gegen Wulf völlig zerbröselt. Also kann jeder Verteidiger das Verhalten der Staatsanwaltschaft nachvollziehen, wenn diese nun einen Zeugen geradezu "aus dem Hut zaubert".
Die Frage ist aber, um welchen Preis das geschieht? Hat man eventuell begründete Vorwürfe gegen Glaeseker einfach verjähren zu lassen, um Wulf wegen einer vergleichsweise läppischen Hotelrechnung von unter 800 € doch noch "dran zu kriegen"? Hat man die Verjährung in Kauf genommen, um seinen Ruf (oder eventuell gar seinen Hintern) zu retten?
Es bleibt zu hoffen, dass die Medien hier nach den Hintergründen der Verjährung fragen. Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, die sich angesichts des zeitlichen Zusammenhangs von Verjährung einerseits und drohendem Prozessende andererseits aufdrängen, sind bei der Staatsanwaltschaft in Hannover personelle Konsequenzen angesagt.
Nun lese ich heute auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung, mögliche Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Wulf-Prozess gegen Olaf Glaeseker seien mit Ende des Jahres 2013 verjährt. Das jedenfalls hat Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer mitgeteilt. Irgendwelche Worte, warum es dazu kommen konnte und wieso er das nicht verhindert hat, verliert der Oberstaatsanwalt nicht. Im Gegenteil: Die Tatsache scheint ihm gelegen zu kommen. Denn bisher hat sich Olaf Glaeseker im Hinblick auf die Gefahr, sich wegen dieser Korruptionsvorwürfe selbst belasten zu können, geweigert, im Wulf-Prozess auszusagen. Nun kann er sich nicht mehr weigern, und die Staatsanwaltschaft bietet ihn - nahezu triumphierend - jetzt als weiteres Beweismittel im Verfahren gegen den Ex-Bundespräsidenten vor Gericht an und verhindert damit das rasche Ende des Verfahrens.
Es ist das gute Recht jedes Prozessbeteiligten, bei der Wahl seiner Mittel nicht heikel zu sein, wenn er in die Enge getrieben wird. Und wer behauptet, die Staatsanwaltschaft Hannover sei in die Enge getrieben, der untertreibt noch gewaltig. Im Prinzip ist mit dem Stand von Ende 2013 die Anklage gegen Wulf völlig zerbröselt. Also kann jeder Verteidiger das Verhalten der Staatsanwaltschaft nachvollziehen, wenn diese nun einen Zeugen geradezu "aus dem Hut zaubert".
Die Frage ist aber, um welchen Preis das geschieht? Hat man eventuell begründete Vorwürfe gegen Glaeseker einfach verjähren zu lassen, um Wulf wegen einer vergleichsweise läppischen Hotelrechnung von unter 800 € doch noch "dran zu kriegen"? Hat man die Verjährung in Kauf genommen, um seinen Ruf (oder eventuell gar seinen Hintern) zu retten?
Es bleibt zu hoffen, dass die Medien hier nach den Hintergründen der Verjährung fragen. Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, die sich angesichts des zeitlichen Zusammenhangs von Verjährung einerseits und drohendem Prozessende andererseits aufdrängen, sind bei der Staatsanwaltschaft in Hannover personelle Konsequenzen angesagt.
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