Freitag, 2. Mai 2014

Freihandelsabkommen mit den USA - erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat - "Sieg über das Gesetz"!

In einem ausführlichen Artikel im Feuilleton ("Sieg über das Gesetz") setzt sich heute, am 2.5.2014  die Süddeutsche Zeitung mit den Gefahren des Freihandelsabkommens mit den USA und ähnlichen Vereinbarungen auseinander. Wem zum Lesen des SZ-Artikels und dieses Blog-Beitrags die Zeit fehlt, kann sich auch in diesem "Pelzig"- Video auf die Schnelle schlau machen.

 https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=LEsHcjFfCjE

Für alle anderen. Der SZ-Artikel schildert kurz zusammengefaßt:

Vereinbarungen wie das Freihandelsabkommen sehen für den jeweiligen ausländischen Investor, also z.B. für einen in Deutschland investierenden ausländischen Großkonzern vor, dass existierende günstige rechtliche Standards für seine Kapitalanlage beibehalten werden und sehen einen Schadenersatz für den Investor vor, falls diese Garantie  verletzt wird. Um diesen Anspruch durchzusetzen, braucht der Investor nicht mehr vor nationale, ordentliche Gerichte ziehen, sondern darf ein Schiedsgericht anrufen. Dessen Urteile sind unanfechtbar und direkt vollstreckbar.

Kommt das Freihandelsabkommen zustande, gelten diese Regeln in Zukunft auch zwischen den USA und der EU- und das hat unabsehbare Folgen, wie die nähere Vergangenheit eindrücklich gezeigt hat: Investoren sind nämlich im Rahmen des Geltungsbereichs davor geschützt, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen so änderen, dass sich der Wert ihrer Anlage mindert. Das aber bedeutet, so die Süddeutsche Zeitung, "... dass sich der vertragsschließende Staat seiner gesetzgeberischen Freiheit und gesellschaftlichen Verantwortung begibt - vor allem auf den besonders empfindliehcne Gebieten des Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutzrechts. Denn das sind die Politikbereiche, die die Profiabilität von Kapitalanlagen am ehesten tangieren". Und dort, wo solche bilateralen Abkommen bereits existieren,  hat die Industrie keine Zurückhaltung, Staaten für ihre Reformgesetzgebung hemmungslos abzustrafen:

Uruguay hat den Nichtraucherschutz verschärft und das Rauchen in der Öffentlichkeit weiträumig verboten. Philipp-Morris hat im Vertrauen auf ungebremsten weiteren Tabakkonsum in Fabriken in Uruguay investiert und macht nun Schadensersatz in Höhe von zwei Milliarden Dollar geltend: Die Produktionsanlagen seien durch die neuen Gesetze entwertet. Das Gleiche versucht Philipp Morris auch in Australien.
Und Deutschland hat es wegen seines Atomausstiegs mit einer vier-Milliarden-Klage des schwedischen Kernkraftbetreibers Vattenfall zu tun.
"Das Corporate Europe Observatory berichtet, dass im Jahr 2011 weltweit rund 450 Investmentschutzklagen von solchem Kaliber anhängig waren, womit sich ihre Anzahl seit Mitte der Neunzigerjahre verzehnfacht hätte", berichtet die Süddeutsche.

Zur Folge hat das, dass die beteiligte Staaten einen gut Teil ihres Gestaltungsspielraums und damit ihrer Souveränität zugunsten der Industrie aufgeben. Soziale Errungenschaften und Umweltschutz werden verstärkt an drohenden Schadensersatzansprüchen scheitern.Und das ist nicht einmal justitiabel. Denn über Klagen der Industrie entscheiden ja nicht die ordentlichen Gerichte, sondern internationale Schiedsgerichte, die übrigens laut SZ nicht mit Richtern, sondern mit "Branchenanwälten" besetzt sind, die von beiden Parteien ausgewählt werden. Wobei sind in den letzten Jahren ein Kreis von nur 15 Anwälten herausgebildet hat, die weltweit über die Hälfte dieser Streitigkeiten, bei Schadenssummen über vier MilliardenDollar sogar über 3/4 aller Falle entscheiden. So wird die Sache für alle Beteiligten vorhersehbar: "Planungssicherheit" nennt man so was.

Wem das wie mir nicht behagt, der kann eine der Petitionen gegen das Abkommen unterschreiben, z.B.

http://www.taz.de/Petition-gegen-Freihandelsabkommen/!134777/
http://www.tagesspiegel.de/politik/campact-widerstand-gegen-freihandelsabkommen-mit-den-usa-waechst/9634288.html

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