Samstag, 27. Oktober 2012

Ehegattensplitting für Homo-Ehen: Schwarz-Gelb drückt sich um die Entscheidung


Dem Statistischen Bundesamt zufolge waren 2011 in Deutschland ca. 27.000 gleichgeschlechtliche Partnerschaften eingetragen. 16.000 zwischen Männern und 11.000 zwischen Frauen. Die Zahl schwuler und lesbischer Paare, die zusammenleben und nicht verpartnert sind, wird auf 67.000 geschätzt. 94.000 Paare - 188.000 Wähler. Eine mittlere Großstadt. Und trotzdem reicht das nicht, Bewegung in die Politik, zu bringen, wenn es um die Angleichung der Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der heterosexuellen Ehe geht. 
SPD und Grüne hatten zuletzt eine Änderung des Steuerrechts angeregt und zur Abstimmung im Bundestag gestellt. Der Antrag scheiterte an der schwarz-gelben Mehrheit, obwohl auch 13 CDU-Abgeordnete sich für eine Erweiterung des Ehegatten-Splittings auf gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen hatten und sogar  Bundesfamilienministerin Christina Schröder die Initiative unterstützt hatte. Einmal mehr hatte sie im politischen Alltags-Geschäft das Nachsehen. Bundeskanzlerin Merkel sah in dieser Frage keinen Handlungsbedarf: Ohnehin müsse das Bundesverfassungsgericht demnächst über diese Frage entscheiden, und diese Entscheidung könne man auch abwarten.

Zunächst: Es mutet langsam ein wenig lächerlich an, wie die schwarz-gelbe Regierung eine wichtige politische Frage nach der anderen nach Karlsruhe abschiebt. Langsam aber sicher sind wir soweit, dass nicht mehr der Kanzler die Richtlinien der Politik bestimmt, sondern das BVerfG, egal, ob es sich um den Euro-Rettungsschirm, das Wahlrecht oder das Ehegattensplitting handelt. Ein Armutszeugnis für unsere politische Klasse. 

Und weiter: Wie das BVerfG entscheiden wird, kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Und es lässt sich bei Dr. Anne Sander im "Forum Familienrecht" 2012, S. 391 ff. knapp zusammengefasst nachlesen: Der Begriff der "Ehe", so wie er in Art. 6 GG steht, hat sich - so das BVerfG - in den letzten Jahrzehnten gewandelt und der in Art. 6 GG garantierte "besondere Schutz" dieser Institution erfasst inzwischen auch die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Denn der Staat und damit auch unsere Verfassung ist zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. Im ursprünglich von christlich-jüdischer Tradition geprägten Ehebegriff müssen daher nun auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften ihren Platz finden.
Damit kann das BVerfG eigentlich nur noch zu dem Ergebnis kommen, dass das Ehegattensplitting entweder abgeschafft werden oder auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften erstreckt werden muss. 


Wenn man seitens der schwarz-gelben Koalition nun auf Karlsruhe wartet, bevor man politisch aktiv wird, dann geschieht das einmal mehr, um den Verfassungsrichtern den "schwarzen Peter" für eine offenbar unbeliebte und nicht wirklich gewollte Konsequenz zuzuschieben und den Konservativen in den Fraktionen sagen zu können: Seht her - wir können nicht mehr anders. Verantwortungsvolles politisches Handeln sieht anders aus. 

(C) Foto: Andreas Stix auf www.pixelio.de 

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