Dienstag, 30. Oktober 2012

Die Pilotenmütze

Ist ein Pilot nur ein Pilot, wenn er im Flughafengebäude zu seiner Uniform auch die Mütze trägt? Die Antwort der  5. Kammer des LAG Köln lautet: Ja!
Der Fall: Die Lufthansa hatte einen Piloten von einem Flug nach New York abgesetzt, weil er seine Mütze nicht dabei hatte und folglich im öffentlichen Bereich des Flughafens auch nicht trug.
Die „Betriebsvereinbarung Dienstkleidung“ der Lufthansa schreibt vor, dass Piloten die Mütze als Teil der Dienstuniform im öffentlichen Bereich tragen müssen, während die Mütze von den weiblichen Kolleginnen getragen werden kann aber nicht muss. Der Mann sah sich durch diese Vorschrift vor allem im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz benachteiligt und zog vor’s Gericht. Die Lufthansa argumentierte, die Mütze gehöre zum historisch gewachsenen Bild eines Flugkapitäns – und bekam Recht.

Denn das Gericht befand, dass Frauen und Männer unterschiedliche Dienstkleidung haben dürfen. Die Mütze sei nur ein Teil der Dienstkleidung und die sei nun mal bei Männern und Frauen unterschiedlich. Schließlich dürften Frauen auch Röcke tragen, was Männer ebenso wenig benachteilige.

So weit so gut. ABER: Warum um alles in der Welt hat die Lufthansa dem Mann wegen der fehlenden Mütze verboten, seinen Job zu machen und nach New York zu fliegen? 
Heißt das nicht eigentlich, dass der Pilot nur ein Pilot ist, wenn er so aussieht? Und dass er folglich auch nur dann ein Flugzeug fliegen kann, wenn er dem  - wie nannte die Lufthansa das? - historisch gewachsenen Bild eines Flugkapitäns entspricht? Also – alles hängt von der Mütze ab? Oder immerhin vom Outfit? 
Ich sehe plötzlich Horden von Bäckern und Köchen, Ärzten, Polizisten, Zimmermädchen, Fast-Food-Ketten-Verkäufern, Postboten, Zollbeamten, Schornsteinfegern und Richtern mit Hüten, Mützen und Kappen, wahlweise Stethoskopen, lustigen Ansteckern oder russgeschwärzten oder mehlweissen Gesichtern an mir vorbei ziehen.
Und dann wird mir bewusst: Wir Anwälte sind arm dran! Was haben wir, das uns zu Anwälten macht? Richtig: Ein langweilig-schwarzes, unkleidsames Ding, das meistens zusammengeknüllt in dunklen Aktentaschen schlummert, ein lästiges Accessoire, das missachtet und nur mit Widerwillen hervorgezerrt und übergestreift wird. Wir haben kein Stethoskop und keine lustigen Anstecker, höchstens ein paar dicke verstaubte Bücher. Immerhin: Manche Kollegen (und auch ich!) behelfen sich schon mal mit knallroten Krawatten oder ebensolchen Brillengestellen, mit spitzen Kugelschreibern und meterdicken Akten.
Aber was bitteschön, ist das alles schon gegen eine schicke, cool aussehende und(man denke an Leonardo di Caprio im Film „Catch me if you can“!) Herzen brechende Pilotenmütze?!

(C) Foto: Reinhard Grieger auf www.pixelio.de

Montag, 29. Oktober 2012

Wenn der Urheber gegen das Urheberrecht verstößt - Konstantin Wecker beim Fotoklau erwischt

Ok - ich geb's ja zu: Es ist mir auch schon passiert. Ich habe ein Foto, das kostenlos im Net zur Verfügung steht, auf meinen Blog hochgeladen und dabei vergessen, den Urheber zu benennen. Und wurde dafür abgemahnt. Und hab mich schwarz geärgert. Und hab gezahlt. Recht ist's mir geschehen. Schwamm drüber - shit happens.

Nur: Ich hatte mich bei www.pixelio.de bedient, einem Bilderdienst, bei dem man genau das machen darf (wenn man den Urheber benennt). Und nicht irgendwo bei Leuten, die vermutlich gar keine Lust haben, ihre Bilder kostenlos herzugeben.
Anders der bekannte Münchener Liedermacher Konstantin Wecker. Er betreibt nebenbei den - per Saldo sehr lesenswerten - Blog "Hinter den Schlagzeilen" als Plattform seines politischen Engagements. Dort setzte er und setzt sich auch weiter kritisch mit dem Thema Fleischproduzenten  in Europa auseinander.
Zur Bebilderung eines Artikels kopierte er von einer Rezepte-Site eine Abbildung eines Wiener Schnitzels (ähnlich der links oben eingeblendeten) herunter und lud sie auf seine eigene Seite hoch. Und wurde abgemahnt. Und zahlte nicht. Und wurde verklagt. Und vom Amtsgericht Düsseldorf auf Zahlung der üblichen (einfachen!) Lizenzgebühr verurteilt, und damit konnte er auch zufrieden sein. Anders der Bildurheber: Der ging hoch zum Landgericht Düsseldorf und wollte die doppelte Lizenzgebühr und die Abmahnkosten dazu. Und das LG gab ihm Recht: Es sprach dem Lichtbildner den Zuschlag zu mit der Begründung, weil er als Autor nicht genannt worden sei, sei ihm  möglicherweise zusätzlicher Umsatz entgangen, den er bei Nennung möglicherweise hätte erzielen können. Den Volltext des LG-Urteils finden Sie auf dem Blog der Kanzlei Dr. Damm.

Die vom Amtsgericht gefundene Lösung war sicher salomisch. Aber die Korrektur des LG Düsseldorf geht genau so in Ordnung. Zwar ist der vom Gericht fingierte Zusatz-Umsatz wenig wahrscheinlich. Aber die Lösung des Amtsgerichts würde darauf hinauslaufen, dass jeder einfach irgendwo Bilder klaut und, wenn er dann erwischt wird, einfach nachträglich bezahlt. Und das würde die Moral schon stark ankratzen. Man stelle sich vor, der in der U-Bahn erwischte Schwarzfahrer würde diskret zum Stempelautomaten geführt, und alles wäre damit gut... wer würde dann noch eine Monatskarte kaufen?

Wecker klaute das Bild übrigens auf der Website "Marions Kochbuch". Dem Blog "Archivalia" zu Folge müssen aus dieser Ecke wohl öfter Abmahnungen wegen Fotoklau kommen. Also Vorsicht speziell mit downloads von dieser Seite. Es gibt genügend andere Sites, auf denen man gegen Namensnennung Fotos zur weiteren Verwendung bekommen kann. Ich empfehle www.pixelio.de. Aber bitte auf die Nutzungsbedingungen (insbes. Punkt 8) achten. Die Bildautoren haben es verdient! Und sie mahnen ab, wenn man nicht drauf achtet! Und sie haben Recht.

(C) Foto: Peter Smola / www.pixelio.de

Klavierstunden sind Mehrbedarf

Klavierunterricht oder Reitstunden für den Sprössling müssen nicht vollständig vom regulären Kindesunterhalt bezahlt werden sondern werden - zumindest teilweise - dem so genannten "Mehrbedarf" des Kindes zugerechnet. Das entschied jetzt das OLG Hamm am 11.07.2012 (Az. 12 UF 319/11).
Das Gericht führt in seiner Begründung an, dass Klavier- und Reitstunden nur teilweise im "Regelbedarf" eines Kindes berücksichtigt sind. Dieser Regelbedarf ist in der Düsseldorfer Tabelle festgehalten. Doch der dort für "Freizeit, Unterhaltung, Kultur" eingesetzte Betrag reichte nach Ansicht des Gerichts im konkreten Fall nicht aus, um die gesamten Kosten für den zusätzlichen Unterricht abzudecken, denn hierunter fallen beispielsweise auch Kino- oder Theaterbesuche. 
Der unterhaltspflichtige Vater wurde also verurteilt, die Kosten zusätzlich zum Unterhalt zu bezahlen. 

In der Praxis bedeutet das, dass genau aufgeschlüsselt werden muss, welche Kosten zusätzliche Sport- oder Musikstunden verursachen und welche davon vom Regelunterhalt abgedeckt sind. Allerdings sind natürlich auch die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Eltern zu berücksichtigen. 

Foto: (c) J. Baltes
Quelle: NJW aktuell 44/12, Oberlandesgericht Hamm, II-12 UF 319/11

Samstag, 27. Oktober 2012

Ehegattensplitting für Homo-Ehen: Schwarz-Gelb drückt sich um die Entscheidung


Dem Statistischen Bundesamt zufolge waren 2011 in Deutschland ca. 27.000 gleichgeschlechtliche Partnerschaften eingetragen. 16.000 zwischen Männern und 11.000 zwischen Frauen. Die Zahl schwuler und lesbischer Paare, die zusammenleben und nicht verpartnert sind, wird auf 67.000 geschätzt. 94.000 Paare - 188.000 Wähler. Eine mittlere Großstadt. Und trotzdem reicht das nicht, Bewegung in die Politik, zu bringen, wenn es um die Angleichung der Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der heterosexuellen Ehe geht. 
SPD und Grüne hatten zuletzt eine Änderung des Steuerrechts angeregt und zur Abstimmung im Bundestag gestellt. Der Antrag scheiterte an der schwarz-gelben Mehrheit, obwohl auch 13 CDU-Abgeordnete sich für eine Erweiterung des Ehegatten-Splittings auf gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen hatten und sogar  Bundesfamilienministerin Christina Schröder die Initiative unterstützt hatte. Einmal mehr hatte sie im politischen Alltags-Geschäft das Nachsehen. Bundeskanzlerin Merkel sah in dieser Frage keinen Handlungsbedarf: Ohnehin müsse das Bundesverfassungsgericht demnächst über diese Frage entscheiden, und diese Entscheidung könne man auch abwarten.

Zunächst: Es mutet langsam ein wenig lächerlich an, wie die schwarz-gelbe Regierung eine wichtige politische Frage nach der anderen nach Karlsruhe abschiebt. Langsam aber sicher sind wir soweit, dass nicht mehr der Kanzler die Richtlinien der Politik bestimmt, sondern das BVerfG, egal, ob es sich um den Euro-Rettungsschirm, das Wahlrecht oder das Ehegattensplitting handelt. Ein Armutszeugnis für unsere politische Klasse. 

Und weiter: Wie das BVerfG entscheiden wird, kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Und es lässt sich bei Dr. Anne Sander im "Forum Familienrecht" 2012, S. 391 ff. knapp zusammengefasst nachlesen: Der Begriff der "Ehe", so wie er in Art. 6 GG steht, hat sich - so das BVerfG - in den letzten Jahrzehnten gewandelt und der in Art. 6 GG garantierte "besondere Schutz" dieser Institution erfasst inzwischen auch die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Denn der Staat und damit auch unsere Verfassung ist zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. Im ursprünglich von christlich-jüdischer Tradition geprägten Ehebegriff müssen daher nun auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften ihren Platz finden.
Damit kann das BVerfG eigentlich nur noch zu dem Ergebnis kommen, dass das Ehegattensplitting entweder abgeschafft werden oder auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften erstreckt werden muss. 


Wenn man seitens der schwarz-gelben Koalition nun auf Karlsruhe wartet, bevor man politisch aktiv wird, dann geschieht das einmal mehr, um den Verfassungsrichtern den "schwarzen Peter" für eine offenbar unbeliebte und nicht wirklich gewollte Konsequenz zuzuschieben und den Konservativen in den Fraktionen sagen zu können: Seht her - wir können nicht mehr anders. Verantwortungsvolles politisches Handeln sieht anders aus. 

(C) Foto: Andreas Stix auf www.pixelio.de 

Freitag, 26. Oktober 2012

Idiotentest nach facebook-Meckerei

Wer bei facebook mal ordentlich Dampf ablässt, der ist per se schon mal verdächtig, mit Konflikten nicht richtig umgehen zu können. Und wer Schwierigkeiten mit der Bewältigung von Konflikten hat, der ist eine latente Gefahr - vor allem als Autofahrer. Klingt das logisch?
Nein? Nein! Für mich jedenfalls nicht.
Aber das Landratsamt Peine sah das anders: Eine Frau hatte sich auf einer facebook-Seite über Blitzer am Straßenrand aufgeregt und dabei verkündet, dass sie die Dinger "am liebsten mit Eiern beschmeißen" würde. Flugs flatterte der Frau ein Schreiben ins Haus, dass sie sich dem "Idiotentest" zu unterziehen habe.
Die Behörde hat gegenüber NDR 1 Niedersachsen sogar zugegeben, dass sie facebook-Kommentare regelmäßig überwachen lasse. Und Landkreis-Sprecher Henrik Kuhn sagte dazu: Die Kommentare ließen "zumindest die Vermutung zu, dass die betreffenden Personen über ein Konfliktpersonal verfügen, welches sie im Straßenverkehr als nicht geeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges erscheinen lässt!"
Das ist doch mal ein Bespiel effektiver Verbrechensbekämpfung im Internet!



Quelle: NJW aktuell 44/12
Foto: (c) Erich Westendarp  / pixelio.de

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Merkzettel machen: Gedenket der Unfallversicherung!

Das OLG Schleswig (Az. 10 WF 254/11) hat mal wieder daran erinnert: Bei der Berechnung eines Kindesunterhalts kann auch der Beitrag für die Unfallversicherung abgezogen werden. Sollten wir Anwälte uns dick hinter die Ohren schreiben, wird nämlich in der Praxis leider oft vergessen. Also, liebe KollegInnen, macht's wie ich: Post-it an den Rechner! Oder noch besser: Kanzlei-Kaßing Posts lesen!

Doppelt "durchgeknallt"?

Darf man behaupten, eine Politikerin sei eine "durchgeknallte Frau", wenn sie sich leicht bekleidet und in Latexhandschuhen für eine Zeitschrift ablichten lässt? Das OLG München meint nun: Ja! Allerdings nur, wenn der Zusammenhang stimmt.
Worum es ging?
Wiedermal um die ehemlige Fürther Landrätin und Stoiber-Stürzerin Gabriele Pauli. Sie hatte gegen "Bild.de" geklagt, weil diese die Bezeichnung kurz nach Erscheinen der besagten Fotos im Jahr 2007 veröffentlicht hatte. Das OLG fand, dass es sich bei der Äußerung nicht um eine unzulässige Schmähkritik handelt, weil der Autor von "Bild.de" damals die Karriere der Politikerin im Blick hatte und sich fragte, "wie man sowas machen kann". (Az. 18 U 2334/12).
Sorry, aber die Frage sollte auch jetzt erlaubt sein: Und zwar nicht im Hinblick auf die Fotos sondern im Hinblick darauf, dass die immer noch aktive Landespolitikerin die Sache mit der Berufung zum x-ten Male aufwärmt. Ich zumindest hatte die Geschichte längst ins hinterste Stübchen meiner Erinnerung verräumt und das Licht ausgemacht. Sie auch? Eben! Jetzt wird alles wieder beleuchtet und hübsch hervorgekramt  - vermutlich samt Fotos und allem drum und dran.

Dem Gras, das über die Sache hätte wachsen sollen, hilft das jedenfalls nicht auf die Sprünge. 
Quelle: http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/gabriele-pauli-verliert-streit-um-latex-fotos-gegen-bildde/
(C) Foto: Niko Korte/pixelio.de