Diese Frage hat das OLG Bremen ( NZM 2016, 439) noch einmal beantwortet: die Eheleute lebten seit Januar 2015 getrennt, der Ehemann zog aus. Die Ehefrau blieb mit den beiden gemeinsamen Kindern bis zum Ende der Kündigungsfrist, also bis Ende April 2015 in der gemeinsam angemieteten Wohnung wohnen und zahlte auch die Miete (allein) weiter. Nach dem Auszug verlangte sie für die Monate Januar bis April die Hälfte der Miete vom Ehemann und bekam LG Bremen tatsächlich Recht:
Grundsätzlich schulden die Eheleute die Miete gemeinsam. Im vorliegenden Fall ändert sich daran nichts, auch wenn der Ehemann ausgezogen ist. Zwar hat die Ehefrau mit den Kindern die Wohnung allein genutzt. Der Ehemann hatte für Frau und Kinder auch Unterhalt gezahlt. Bei der Berechnung des Unterhaltes hatte die Miete aber keine Rolle gespielt, und die Ehefrau hatte bereits im März 2015 Anspruch auf Zahlung der Miete erhoben. Erst anschließend war der Unterhalt berechnet worden, wobei Mietschulden außer Betracht geblieben. Unter diesen Umständen sah es das OLG Bremen als gerechtfertigt an, wenn sich der Ehemann auch über die Zahlung des Unterhalts hinaus mit der Hälfte der Miete beteiligte.
Etwas anderes hätte gelten können, wenn die Frage der Miete bei der Berechnung des Unterhalts ausdrücklich angesprochen worden wäre. Hatte der Ehemann beispielsweise höheren Unterhalt als geschuldet gezahlt, um damit die Mietkosten zu decken, wäre die Forderung nicht gerechtfertigt gewesen.
OLG Bremen, 4 WF 184/15
Kanzlei Kaßing
Das Rechtsanwaltsblog der Kanzlei Kaßing aus München
Montag, 4. Juli 2016
Montag, 8. Februar 2016
Schwiegerelternschenkung: Der Rückforderungsanspruch verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist
Schwiegerelternschenkung: Der Rückforderungsanspruch verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist
Scheitert eine Ehe in dessen Verlauf die Schwiegereltern dem Schwiegerkind Schenkungen gemacht hat, dann kann nach der geänderten Rechtsprechung des BGH den Schwiegereltern ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Schwiegerkind wegen Störung der Geschäftsgrundlage zustehen.
Der BGH hat jetzt (XII ZB 516/14 vom 16.12.2015) entschieden, dass diese Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (Genauer: drei Jahre zum Jahresende) des §195 BGB unterliegen. Das gilt nur dann nicht, wenn eine Immobilie geschenkt wurde. Hierfür gilt die Verjährungsfrist des § 196 BGB, nämlich zehn Jahre.
Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es darauf an, wann die Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe Kenntnis erlangt haben. Insoweit hat der BGH entschieden, dass das Scheitern der Ehe regelmäßig spätestens mit Zustellung des Scheidungsantrags feststeht. Haben die Schwiegereltern von dieser Zustellung Kenntnis erlangt oder hätten Sie Kenntnis erlangen müssen, ohne grob fahrlässig zu handeln, haben sie auch vom Scheitern der Ehe des Kindes gewusst.
Auch für in der Vergangenheit liegende Vorgänge gelten diese Regeln. Der Beginn der Verjährungsfrist war nicht etwa bis zur Veröffentlichung der die Rechtsprechung des BGH ändernden Senatsentscheidung vom 3. Februar 2010 hinausgeschoben.
BGH: XII ZB 516/14 vom 16.12.2015
Scheitert eine Ehe in dessen Verlauf die Schwiegereltern dem Schwiegerkind Schenkungen gemacht hat, dann kann nach der geänderten Rechtsprechung des BGH den Schwiegereltern ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Schwiegerkind wegen Störung der Geschäftsgrundlage zustehen.
Der BGH hat jetzt (XII ZB 516/14 vom 16.12.2015) entschieden, dass diese Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (Genauer: drei Jahre zum Jahresende) des §195 BGB unterliegen. Das gilt nur dann nicht, wenn eine Immobilie geschenkt wurde. Hierfür gilt die Verjährungsfrist des § 196 BGB, nämlich zehn Jahre.
Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es darauf an, wann die Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe Kenntnis erlangt haben. Insoweit hat der BGH entschieden, dass das Scheitern der Ehe regelmäßig spätestens mit Zustellung des Scheidungsantrags feststeht. Haben die Schwiegereltern von dieser Zustellung Kenntnis erlangt oder hätten Sie Kenntnis erlangen müssen, ohne grob fahrlässig zu handeln, haben sie auch vom Scheitern der Ehe des Kindes gewusst.
Auch für in der Vergangenheit liegende Vorgänge gelten diese Regeln. Der Beginn der Verjährungsfrist war nicht etwa bis zur Veröffentlichung der die Rechtsprechung des BGH ändernden Senatsentscheidung vom 3. Februar 2010 hinausgeschoben.
BGH: XII ZB 516/14 vom 16.12.2015
Freitag, 5. Februar 2016
Neue Düsseldorfer Tabelle zum 1.1.2016
Nachdem die letzte Düsseldorfer Tabelle erst vom 1.8.2015 datierte, hat das OLG Düsseldorf sehr rasch, nämlich schon zum 01.01.2016 die Tabelle wiederum aktualisiert. Das hat seinen Grund in der zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls aktualisierten Mindestunterhaltsverordnung (Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612 a BGB). Der Unterhalt nach der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entspricht immer dem in der Mindestunterhalts Verordnung festgesetzten Mindestunterhalt. Nachdem durch die aktuelle Version dieser Satz geringfügig angehoben wurde, wurde auch die Anpassung der Düsseldorfer Tabelle notwendig.
Auch die Anmerkungen zur Tabelle mussten angepasst werden, da sich zum 1. Januar 2016 auch das Kindergeld geringfügig erhöht hat, nämlich für das erste und zweite Kind auf Euro 190,00, für das dritte Kind auf Euro 196,00 und für das vierte und jedes weitere Kind auf Euro 221,00.
Wie üblich ist zu beachten, dass das Kindergeld bei minderjährigen Kindern zur Hälfte auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen ist. Der sich dann ergebende Zahlbetrag ist aus den Tabellen im Anhang zu Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.
Pressemitteilung OLG Düsseldorf
Auch die Anmerkungen zur Tabelle mussten angepasst werden, da sich zum 1. Januar 2016 auch das Kindergeld geringfügig erhöht hat, nämlich für das erste und zweite Kind auf Euro 190,00, für das dritte Kind auf Euro 196,00 und für das vierte und jedes weitere Kind auf Euro 221,00.
Wie üblich ist zu beachten, dass das Kindergeld bei minderjährigen Kindern zur Hälfte auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen ist. Der sich dann ergebende Zahlbetrag ist aus den Tabellen im Anhang zu Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.
Pressemitteilung OLG Düsseldorf
Dienstag, 28. Juli 2015
Ab 1.8.2015 Neue Düsseldorfer Tabelle
Nachdem das OLG Düsseldorf bei den letzten Ausgaben der Düsseldorfer Tabelle nur die 'Freibeträge für die Unterhaltspflichtigen angehoben hatte, sind nun mal wieder die Unterhaltsberechtigten dran.
Mit der ab 1.8.2015 geltenden neuen Düsseldorfer Tabelle werden die Unterhaltssätze für Kinder um durchschnittlich 3 Prozent angehoben.
Hier gibts die Infos:
Düsseldorfer Tabelle ab 1.8.2015
Leitlinien zur Tabelle ab 1.8.2015
Mit der ab 1.8.2015 geltenden neuen Düsseldorfer Tabelle werden die Unterhaltssätze für Kinder um durchschnittlich 3 Prozent angehoben.
Hier gibts die Infos:
Düsseldorfer Tabelle ab 1.8.2015
Leitlinien zur Tabelle ab 1.8.2015
Mittwoch, 1. April 2015
Rente aufbessern durch private Geschwindigkeitskontrollen
Eine Meldung, die heute sowohl Gegenstand einer Pressemeldung des Deutschen Anwaltsvereins als auch einer Veröffentlichung der Deutschen Anwaltsauskunft war:
Personalmangel bei den Behörden einerseits und leere Stadtsäckel andererseits haben die Gemeinden auf die Idee gebracht, Privatpersonen, bevorzugt Rentnern, die die Zeit für derlei Allotria haben, die Erlaubnis zu erteilen, auf eigene Faust Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Von den verhängten Bußgeldern wird als Entlohnung für die gehabte Mühe dann ein Teil an die privaten Rentner-Sheriffs abgeführt, die damit ihre Rente aufbessern können, sobald sie die Anschaffung für das Messgerät wieder eingespielt haben..
Klingt nach einer besonders uncharmanten Version des "beliehenen Unternehmers", und fast hätte ich mich wirklich drüber aufgeregt - wenn ich nicht gerade noch rechtzeitig auf das Veröffentlichungsdatum geschaut hätte ;-))))
Im Gegensatz zu meiner Mitarbeiterin, die meinte, ich müsse über diesen Skandal sofort einen Blog-Beitrag schreiben. Was hiermit geschieht...
Prima Idee, Sven Walentowski!
Personalmangel bei den Behörden einerseits und leere Stadtsäckel andererseits haben die Gemeinden auf die Idee gebracht, Privatpersonen, bevorzugt Rentnern, die die Zeit für derlei Allotria haben, die Erlaubnis zu erteilen, auf eigene Faust Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Von den verhängten Bußgeldern wird als Entlohnung für die gehabte Mühe dann ein Teil an die privaten Rentner-Sheriffs abgeführt, die damit ihre Rente aufbessern können, sobald sie die Anschaffung für das Messgerät wieder eingespielt haben..
Klingt nach einer besonders uncharmanten Version des "beliehenen Unternehmers", und fast hätte ich mich wirklich drüber aufgeregt - wenn ich nicht gerade noch rechtzeitig auf das Veröffentlichungsdatum geschaut hätte ;-))))
Im Gegensatz zu meiner Mitarbeiterin, die meinte, ich müsse über diesen Skandal sofort einen Blog-Beitrag schreiben. Was hiermit geschieht...
Prima Idee, Sven Walentowski!
Dienstag, 31. März 2015
Straffrei Polizisten beleidigen? Nö! Nur Meinungsäußerung...
Der Angeklagte hatte eine "verdeckt durchgeführte Geschwindigkeitskontrolle", vulgo Radarfalle behindert. Amüsante Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des Urteils:
"Das Gerät stand im Gebüsch und war dort nur bei genauem Hinsehen zu entdecken. Der Angeklagte blieb auf dem Bürgersteig, welcher an dem Gebüsch vorbeiführt, in der Weise vor dem Radargerät stehen, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht mehr möglich war. Grund seines Anhaltens war eine Unterhaltung mit seiner Schwester. Es war hingegen nicht festzustellen, dass er das Radargerät sah, weshalb auch nicht angenommen werden kann, dass er den Standort bewusst wählte, um die Verkehrskontrolle zu unterbinden.
Als die Zeugen X und Y bemerkten, dass die Messungen keine Resultate mehr erbrachten, verließ der Zeuge X sein Fahrzeug und begab sich zu dem Radargerät. Er forderte den Angeklagten in nicht ausschließbar unhöflichem Ton auf, er möge beiseite treten, er störe die Radarmessung. Hierbei stellte er sich nicht als Beamter des Verkehrsdienstes vor. Der Angeklagte sah das Radargerät und erkannte, dass der Zeuge X in amtlicher Funktion Geschwindigkeitsmessungen vornahm, die er durch die Wahl seines Standortes behinderte. Da er über das als ungehörig empfundene Auftreten des Zeugen X erbost war und zudem verdeckte Radarkontrollen ablehnt, entschloss er sich, der Anordnung keine Folge zu leisten. Hierbei war ihm bewusst, dass er damit eine Fortführung der Radarkontrolle unmöglich machte. Zu dem Zeugen X gewandt fragte er: "Muss ich das?", woraufhin der Zeuge X erwiderte, wenn er die Anordnung nicht befolge, werde er das Beiseitetreten mit einem Platzverweis erzwingen. Zu seiner Schwester gewandt erklärte der Angeklagte: "Ich halte das für Wegelagerei!". Es entsprach seiner Absicht, dass der Zeuge X, welcher neben ihm stand, diese Bemerkung hörte, um ihm durch die Gleichstellung mit einem Straßenräuber seine Missachtung kundzutun. Unter dem Druck der drohenden Zwangsmaßnahme trat er aus dem Radarstrahl."
Der Zeuge X fühlte sich in seiner Ehre getroffen und stellte Strafantrag wegen Beleidigung.
Das OLG Düsseldorf, Az. III 2b Ss 224/02 - 2/03 I sah den Tatbestand des § 185 StGB aber nicht als erfüllt an:
"Auch wenn die Frage der verdeckten Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen Interessen der Allgemeinheit berührt, schließt dies nicht aus, dass zugleich auch ein berechtigtes Interesse des Einzelnen daran vorliegen kann, hierzu seine Meinung kundzutun (vgl. BGHSt 12, 287, 293). Der Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist dabei als Ausprägung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit zu verstehen (BVerfGE 12, 113, 125). Bei ehrenrührigen Werturteilen sind es vor allem dieses Grundrecht und die mit ihm wahrgenommenen Interessen, die in dem Konflikt mit der Ehre den Vorrang beanspruchen und damit selbst vorsätzliche Ehrverletzungen rechtfertigen können (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 193 Rdnr. 8). Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit auch im Rahmen einer "privaten Auseinandersetzung" und nicht nur bei einem Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu beachten. Dies gilt umso mehr, wenn sich das Werturteil auf staatliche Einrichtungen, deren Bedienstete und deren Vorgehensweise bezieht (vgl. BVerfGE 93, 291, 293).
Eine ehrverletzende Äußerung ist nur dann nicht mehr hinzunehmen, wenn mit ihr die Grenze zur Schmähung überschritten wird. Selbst eine überzogene und ausfällige Kritik macht für sich genommen eine Äußerung noch nicht zur Schmähkritik. Eine herabsetzende Äußerung nimmt erst dann den Charakter einer Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person in Vordergrund steht (BVerfGE 82, 272, 284).
Der Angeklagte hat - wenn auch überspitzt - ausschließlich die verdeckte Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen kritisiert. Eine Schmähung des Zeugen X war nicht Gegenstand seiner Äußerung. Ein durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht gedeckter Angriff auf die Menschenwürde des Zeugen X liegt ebensowenig vor wie eine Formalbeleidigung."
Vielen Dank an den Kollegen Michael Hettenbach, der diese Entscheidung kostenfrei nachlesbar unter obigem Link dokumentiert hat. :-))
(C) Foto: Tim Reckmann / pixelio.de
Donnerstag, 29. Januar 2015
OLG Schleswig: Abkommen von verschneiter Straße mit BAK von 0,65 Promille allein erlaubt keinen Rückschluss auf Fahruntüchtigkeit
Ein Frühschoppen des Angeklagten hatte zu einer BAK von 0,65
Promille geführt. Anschließend fuhr er auf verschneiter Straße nach Hause und
kam von der Fahrbahn ab. Weder der Arzt, der die Blutprobe entnahm noch die am
Unfallort erschienenen Polizeibeamten konnten eine merkliche Alkoholisierung
des Angeklagten feststellen.
Das OLG Schleswig (Beschluss vom 17.01.2014, Az. 1 Ss152/13, veröffentlicht bei Burhoff) kam zu dem Ergebnis, dass nicht auszuschließen sei, dass das zum Unfall
(maßgebend: Abkommen von der verschneiten Straße) führende verkehrswidrige
Verhalten des Angeklagten auf anderen Ursachen als einer alkoholbedingten
Berauschung beruhte. Die Verurteilung gemäß § 316 Abs. 2 StGB (Trunkenheit im
Verkehr) könne nur erfolgen, wenn weitere Tatsachen festgestellt seien, die
eine relative Fahruntüchtigkeit als sicher erscheinen lassen. Unterhalb der
Grenze von 1,1 Promille sei jeweils für den Einzelfall in einer Gesamtschau die
Frage zu prüfen, ob der Fahrer fahrtauglich gewesen sei oder nicht. Die
Blutalkoholkonzentration sei dabei lediglich ein Indiz. Hinzu treten müsse
darüber hinaus ein individuelles Verhalten des Fahrzeugführers, welches auf
einen Fahrfehler und somit eine relative Fahruntauglichkeit vermuten lasse.
Dafür reiche jedoch nicht aus, dass jemand von einer
schneebedeckten Fahrbahn einfach abkomme. Dies könne auch geschehen, ohne dass
jemand einen Fahrfehler begehe oder durch Alkohol beeinträchtigt sei.
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