Es ist Wahlkampf - und das bedeutet für unsere Politiker, manchmal etwas versprechen zu müssen, was man eigentlich nicht versprechen will und auch nicht halten kann. Aber wie heißt es schon bei
Käpt'n Blaubär: Walversprechen muss man nicht unbedingt halten. "Einmal kann man sowas schon mal machen."
So hält es auch Volker Kauder, der es wieder einmal nicht lassen konnte, per
Presseinterview im "Bonner Generalanzeiger" am 12.07.2013 auf das Bundesverfassungsgericht loszugehen. "Grenzüberschreitung"warf er dem Gericht vor, weil es in der Sache der Überhangmandate nicht so entschieden hatte, wie es ihm gepasst hätte und wie es derzeit für die CDU günstig wäre.
Zugleich kündigte er den Widerstand der Union gegen eine Entscheidung des Verfassungsgerichts über eine mögliche Volladoption von Kindern durch homosexuelle Paare an. "Wir werden dem Verfassungsgericht darlegen, dass es bei der Volladoption nicht um das Glück von zwei erwachsenen Menschen geht, sondern einzig um das Wohl des Kindes." Nur um im nächsten Satz zu sagen: "In einem Rechtsstaat müssen rechtskräftige Urteile von einem Parlament umgesetzt werden, sonst wäre dies das Ende des Rechtsstaats."
Und damit brachte er den Spagat zwischen dem, was der konservative CDU-Wähler hören möchte und dem, was alsbald nach der Wahl tatsächlich passieren wird, auch ideal hin. Er kündigte an, in der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht kräftig auf den Tisch zu klopfen und teilte für den, der zwischen den Zeilen lesen kann, zugleich mit, dass dieses Geklopfe nichts bringen wird, weil das Verfassungsgericht natürlich die gleichzeitige Volladoption eines Kindes durch die Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft zulassen wird.
Wahlkampfgetöse also - und Kauder ist auf diesem Feld nicht der Einzige. Wobei die Politiker der CDU/CSU das Prinzip der Arbeitsteilung höchst amüsant praktizieren:
Kanzlerin Merkel kann sich eine Gleichstellung der Homo-Ehe mit der Hetero-Ehe vorstellen.
Worauf CSU-General Dobrindt Schwule
in der "Welt" als "schrille Minderheit" apostrophiert und konservative Kante fordert: " Die Wahlen 2013 können nur gewonnen werden, wenn wir konservative Positionen ins Zentrum stellen. Die Konservativen sind diejenigen, die das Leben von morgen sichern. Die Zeitgeistgetriebenen verleben das Ererbte". Soso - die Schwulen sind also unser Unglück, weil sie durch ihr So-Sein die abendländische Zukunft ruinieren.
Ihm eilt nun Volker Kauder zur Hilfe mit seiner Ankündigung vom ebenso demonstrativen wie nutzlosen Tisch-Geklopfe beim höchsten deutschen Gericht.
Um aber nun die Schwulen und Lesben als Wähler nicht komplett zu verlieren, lassen sich der bayerische Kultusminister Spaenle und der OB-Kandidat für München der CSU
auf dem Christopher-Street-Day blicken und umarmen sich dort fürs Presse-Foto aufs Demonstrativste: Keine Berührungsängste gegenüber denen vom anderen Ufer und nicht mal gegenüber einem Parteifreund. Die Leute von der "LSU" ("
Lesben und Schwule in der Union" - die gibts wirklich!) wird's gefreut haben.
Merke! Es kommt nicht auf die Glaubwürdigkeit an, sondern auf die Festigkeit, mit der man seinen Quatsch vertritt - das haben sie alle bei
Käptn Blaubär gelernt. Für die Glaubwürdigkeit wird dann schon das Bundesverfassungsgericht sorgen, das uns nach dem Willen der Kanzlerin ja eh die meiste Zeit schon regiert.
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