Freitag, 15. Februar 2013

Der Spaß am Schießen bleibt weiter geschützt - Winnenden-Hinterbliebene scheitern mit Verfassungklage, weil dem BVerfG die Hände gebunden sind.

11.03.2009: Der Schüler Tim K. richtet mit der Schußwaffe seines Vaters in Winnenden zuerst in seiner Schule und dann auf seiner Flucht ein Blutbad an. 113 Schüsse gibt er ab und 15 Menschen sterben, bevor sich Tim K. mit einem letzten Schuss selbst das Leben nimmt. Die Waffe - eine großkalibrige Sportpistole - war im unverschlossenen Waffenschrank seines Vaters, eines begeisterten Sportschützen aufbewahrt und für Tim K. praktisch ohne Probleme zugänglich gewesen. Deswegen wurde der Vater zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Die trauernden Hinterbliebenen von Winnenden dachten über die Folgen des tragischen Massakers hinaus und wollten etwas unternehmen, um solche Tragödien für die Zukunft auszuschließen. Als in der Folge das Waffengesetz zwar verschärft wurde, die Erlaubnis zum Besitz großkalibriger Sportwaffen jedoch im Wesentlichen unangetastet blieb, erhoben sie Klage gegen das Waffengesetz. Werde der Gebrauch tödlicher Schußwaffen für den Schießsport nicht ausreichend eingeschränkt, liege darin eine Verletzung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Sorge der Gesetzgeber nicht durch eine Änderung des Waffenrechts für ausreichend Sicherheit,  stelle das ein verfassungswidriges Unterlassen dar. Die Verschärfungen des Waffenrechts nach den Ereignissen von Winnenden seien nicht geeignet, solche Vorkommnisse künftig zu verhindern oder auch nur wesentlich zu erschweren.

Das Bundesverfassungsgericht ( 2 BvR 1645/102 BvR 1676/102 BvR 1677/10, hier die Pressemeldung) nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an:
Nach ständiger Rechtsprechung könne das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung von Schutzpflichten durch die öffentliche Gewalt nur dann feststellen, wenn  Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen oder die ergriffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das gebotene Schutzziel zu
erreichen. Nach diesem Maßstab seien aber die einschlägigen Vorschriften des Waffengesetzes von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, da das Waffengesetz eben gerade zahlreiche Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung beinhalte. Dass die getroffenen Regelungen und Maßnahmen in ihrer Gesamtheit gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, um die Allgemeinheit vor den Gefahren des missbräuchlichen Umgangs mit Schusswaffen zu schützen, sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe hier einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum, in den das Verfassungsgericht nicht eingreifen könne. Ein grundrechtlicher Anspruch auf weitergehende Maßnahmen bestehe nicht.
In einfachen Worten: Der Gesetzgeber hat Handlungsfreiheit. Tut er überhaupt etwas und ist das, was er tut nicht offensichtlich unbrauchbar, sind dem Verfassungsgericht die Hände gebunden.

Das mag so sein. Aber trotzdem: Wieso muss die Welt ein Blutbad an Schulen nach dem anderen hinnehmen, ohne etwas anderes dafür zu ernten als ein abschätziges Lächeln der Waffenlobby über die Bemühungen um Verschärfung der Gesetze? Irgendwo ist das nicht einzusehen. Nach meinem Dafürhalten ist der Gesetzgeber gefordert, das Waffengesetz nachzubessern, auch wenn es nicht "offensichtlich unzureichend" ist. Spielräume gibt es genug. In unserem Land muss sich niemand offensiv mit der Waffe verteidigen (in den USA übrigens auch nicht; die Zeiten der Indianerüberfälle sind lange vorbei). Der Waffenbesitz ist - von beruflichen Notwendigkeiten einmal abgesehen - also generell ein Luxus, der restriktiv geregelt werden kann.

(C) Foto: Rainer Sturm  / pixelio.de

2 Kommentare:

  1. Der Artikel hier strotzt vor sachlicher Fehler, erstaunlich das ein jurist soetwas zusammenschreibt das leicht wiederlegt werden kann. ... letztendlich sollte dem verfasser aber bewusst sein das man zwar Straftäter bestrafen kann, aber nciht wie hier gefordert, Menschen die sich an geltendes Recht halten. Ich würde gerne wissen wie sich der Verfasser fühlen würde, wenn sein Internet gesperrt würde, weil ich mit meinem Rechner Computer hacken würde. Oder wie er sich fühlen würde, wenn er seinen Führerschein zusammen mit Millionen anderer Autofahrer abgeben müsste, weil ich mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt werde. ich verstehe die Trauer der Eltern, die einen entsetzlichen verlust erlitten haben. Aber diese Forderung war einfach nicht gerechtfertigt.

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  2. Hallo Herr Kaßing,

    bevor Sie etwas zu der von Roman Grafe angestrengten Klage vor dem BVerfG schreiben, hätten Sie sich vielleicht besser über die Arbeitsweise von Herrn Grafe informieren sollen. Diese ist journalistisch betrachtet nämlich unter aller Sau. Es werden Fakten verdreht und die Leser belogen. Und vor einen solchen Karren lassen Sie sich als Anwalt spannen?

    Nachzulesen hier:
    http://german-rifle-association.de/roman-grafe-der-propagandist/
    http://german-rifle-association.de/deutschland-japan-ein-fragwurdiger-vergleich/

    Mit freundlichen Grüßen,

    Ihre German Rifle Association

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